Basiswissen zur Analyse eines Gedichts

Fach Fach

Klasse 11

Autor Simplexi

Veröffentlicht am 09.08.2018

Schlagwörter

Gedichtanalyse Vers Strophe Reim Kadenz lyrische Formen

Zusammenfassung

In diesem Referat werden die Basics für eine Gedichtanalyse erklärt, undzwar lyrisches Ich, Vers, Strophe, Reim, lyrische Formen, Klang, Rhythmus, Kadenz, Zeilenstil und Enjambement, Metrum und Versformen.

Basiswissen zur Analyse eines Gedichts

1. Sprecher im Gedicht, lyrisches Ich und lyrisches Du

Wie auch bei epischen Texten ist es wichtig, zwischen dem Sprecher im Gedicht und dem Autor zu unterscheiden. Der Sprecher im Gedicht ist eine fiktive Figur. Ihre Formulierungen können lediglich die persönlichen Empfindungen und Gedanken des Autors wiedergeben.

  • Sprecher im Gedicht = lyrisches Ich
    Die beiden Begriffe können synonym verwendet werden.
  • lyrisches Du
    Das lyrische Du wird von Sprecher im Gedicht angesprochen, aber erscheint nicht als Figur

In einem Rollengedicht werden Erlebnisse, Gefühle, Gedanken einem oder mehreren vom Autor deutlich unterschiedenen Sprechern erzählt.

Der Sprecher im Gedicht/das lyrische Ich spricht aus einer spezifischen Haltung heraus, zum Beispiel objektiv, traurig, glücklich oder nachdenklich.

2. Vers

Anders als in Prosatexten wird in Gedichten das Zeilenende vom Verfasser festgelegt. Eine Zeile im Gedicht nennt man Vers.

3. Strophe und Strophenformen

Eine Strophe ist eine Einheit aus mehreren Versen. Die Strophengliederung kann, muss aber nicht mit der inhaltlichen Gliederung übereinstimmen.
Folgende Strophenformen finden sich häufig in der deutschen Lyrik:

  • Distichon (Hexameter & Pentameter)
  • Terzett und Quartett (Strophe aus 3 Versen, bzw. 4)
  • Volksliedstrophe (einfach gebaute Strophe, mit Wechsel von Hebungen und Senkungen, meistens 4 Verse)
  • freie Rhythmen (ohne festes Metrum, Reime und Strophengliederung)

4. Refrain

Ein Refrain (oder auch Kehrreim) ist eine regelmäßig wiederkehrende Gruppe von Versen oder von Worten bzw. Lauten.

5. Metrum und Versformen

Der Versfuß, auch Metrum genannt, ist die kleinste metrische Einheit.
Ein Versfuß besteht aus einer betonten und einer oder mehreren unbetonten Silben.


steigend
Jambus, Anapäst

fallend
Trochäus, Daktylus


Auftakt nennt man eine oder mehrere unbetonte Silben vor der ersten Hebung.

Versmaß ist die regelmäßige Abfolge von Versfüßen.

Versformen entstehen durch eine fest geregelte Anzahl von festgelegten Versfüßen.
- Knittelvers (vierhebiger Vers mit Reim, häufig mit freier Füllung)

  • Blankvers (reimloser jambischer Vers, normal mit 5 Hebungen)
  • Alexandriner (sechshebiger jambischer Vers mit Mittelzäsur)
  • Hexameter (auftaktloser sechshebiger daktylischer Vers, einzelne Daktylen können auch durch Trochäen ersetzt werden)
  • Pentameter (unvollständiger Hexameter mit Zäsur. Der dritte und sechste Versfuß bestehen nur aus einer Hebung)

6. Kadenz, Zeilenstil und Enjambement

Kadenz ist das Ende des Verses.
Endet er mit einer oder mehreren Senkungen, spricht man von einer weiblichen Kadenz.
Endet er mit einer Hebung, liegt eine männliche Kadenz vor.

Beim Zeilenstil fallen syntaktische Gliederung und Gliederung im Verse zusammen. Beim strengen Zeilenstil umfasst jede Zeile einen Satz.

Beim Enjambement (Zeilensprung) trennt das Versende eine syntaktische bzw. semantische Einheit.

7. Rhythmus

Rhythmus entsteht durch den Fluss des Sprechens. Dieser richtet sich nach inhaltlichen und sprachlichen Vorgaben des Textes sowie nach der Interpretation durch den Sprecher.
Rhythmus bildet sich auch durch die Betonung, durch lange und kurze Silben, durch Pausen und Sprachtempo.
Mögliche Eigenschaften des Rhythmus sind ruhig, drängend, tänzelnd, schwer, leicht, fließend, stockend.

8. Klang

Gedichte und Strophen können einen einheitlichen oder einen differenzierten Klangcharakter haben. Sie können hell, freundlich, weich, dumpf, hart, usw. klingen.
Helle Vokale (e, i, ei, ü) vermitteln meist eine heitere Stimmung, dunkle Vokale (a, o, u, au) oft eine düstere Stimmung.
Zur Gestaltung des Klangs tragen Klangfiguren bei wie Alliteration, Assonanz und Lautmalerei.
Auch Rhythmus, Metrum, Enjambement, Refrain und Reim prägen den Klang eines Gedichts.

9. Reim

Reimstellung
Anfangsreim: Das erste Wort zweier oder mehrerer Verse reimt sich

Binnenreim: Wörter innerhalb eines Verses bilden einen Reim

Endreim: Die Wörter am Ende von zwei oder mehreren Versen reimen sich

Qualität des Reims

  • reiner Reim: Gleichklang von Wörtern vom letzten betonten Vokal
  • unreiner Reim: unvollständiger Gleichklang von Wörtern vom letzten betonten Vokal
  • rührender Reim: identisch klingelde Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung
  • identischer Reim: Gleichklang identischer Wörter
  • Assonanz

Reimfolgen
Paarreim: a a b b
Kreuzreim: a b a b
umarmender Reim: a b b a
dreifache Reimreihe: a b c a b c
Schweifreim: a a b c c b

Einen Vers, der sich mit keinem anderen reimt, nennt man Waise.

Lyrische Formen

Arten lyrischer Texte lassen sich nach Inhalten bestimmen, z.B. politische Lyrik, Gedankenlyrik, Liebeslyrik.

Ballade
Erzählgedicht mit epischen, dramatischen und lyrischen Elementen
Beispiel: Goethe, der Zauberlehrling

Elegie
Gedicht mit beliebigen Inhalt, oft in Distichen, Gedicht im Ton wehmütiger Klage
Beispiel: Goethe, Römische Elegien

Epigramm
zugespitzer Sinnsprich, meist ein oder zwei Distichen
Beispiel: Goethe und Schiller, Xenien

Hymne
Lob- und Preisgedicht, freie Rhythmen, gehobene Sprache
Beispiel: Goethe, das Göttliche

konkrete Lyrik
Moderne Form der Lyrik, die den materiellen Charakter der Sprache betont und mit dem sprachlichen Material akustisch oder visuell eine Aussage gestaltet
Beispiel: Gedichte von Gomringer

Lied
Lyrik von singbaren Charakter, meist mit gleich gebauten Strophen, mit Reim und einfachem Vokabular

Ode
strophisches Gedicht ohne Reim, oft in antiken Versformen, hohe Sprachebene, häufige Themen sind Liebe, Heimat und Götter.
Beispiel: Hölderlin, Hyperions Schicksalslied

Sonett
strenge Form: 14 Verse mit zwei Quartetten und zwei Terzetten, These und Antithese in den Quartetten und Synthese/Zusammenfassung in den Terzetten. Oft im Alexandriner
Beispiel: Günderrode: Der Kuss im Traume