Gregorianik und erste Mehrstimmigkeit
Gregorianik und erste Mehrstimmigkeit
I. Gregorianik
II. Psalmodie
III. Hymnodie
IV. Tropus
V. Sequenz
VI. Liber gradualis
VII. Antiphonar
VIII. Entwicklung der Mehrstimmigkeit
IX. Frühes Organum
I. Gregorianik
Instrumente: heidnisch, im Gottesdienst verboten
Gregorianischer Choral: einstimmiger lateinischer Gesang der römischen Kirche
Formen:
- Lektion: formelhaft gesungene Schriftlesung
- Oration: Gemeindegebet durch den Priester zusammenfassende liturgische Gebetsform
- Antiphon
- Responsorium
- Hymnus
- Tropus
- Sequenz
Melodien sind diatonisch in Tonalität der Kirchentonarten (Modi – modal); werden teilweise durch vorgegebene römische Ziffer angegeben
Rhythmus: freischwebend → Neumennotation beinhaltet keine rhythmischen Informationen
Gregorianischer Choral hat großen Einfluss auf abendländische Musik: Ausgangspunkt für Mehrstimmigkeit und Notenschrift
cantus firmus: Grundlage und Fundament der Vokalpolyphonie
II.Psalmodie
Psalmen: ca 150 zum Beten und Singen bestimmten Texte des alten Testaments (Verse weisen unterschiedliche Silbenzahl auf)
jeweils zwei Halbverse beziehen sich inhaltlich aufeinander: Parallelismus membrorum
Dexologie: Abschluss des Psalm durch zwei immer gleichlautende Verse
→ Gloria patri (Ehre sei dem Vater)
→ sicut erat in principio (wie es war im Anfang)
Psalmodie: singen eines Psalms
Psalmton: für alle Verse gleich bleibendes Modell (durch melodische Veränderungen gekennzeichnet)
→ Initium: Aufstieg zu Beginn
→ Mediatio: Mittelkadenz
→ Terminatio/Finalis: Abstieg zum Ende des zweiten Halbverses
→ Flexa: Absenken der Melodie mit kleiner Atempause (bei langen Halbversen mit syntaktischen Einschnitt)
→ Tenor, Tuba: noch übrigen Silben werden auf gleich bleibender Tonhöhe als Rezitationston gesungen
Psalmvortrag:
- antiponisch: zwei sich abwechselnde Halbchöre
- responsorisch: Wechsel einerkunstvoll melismatischen Melodie eines Vorsängers (Kantor) mit einfachen Kehrvers der Gemeinde
III. Hymnodie
Hymnodie: Singen von Hymnen (Lob- und Preisgesämge)
Texte: Prosa und spätantike beeinflusste Dichtungen
Hymnus: streng metrische Dichtug
Versmaß: jambisch
Strophe → 4 Zeilen → 4 Hebungen
IV. Tropus
Tropus: musikalische bzw. textliche Erweiterung des Chorals
in St.-Martial-Epoche (Beginn 9.Jh)
vom Konzil von Trient (1545 – 1563) verboten
V. Sequenz
Sequenz (lat.: sequentia – Folge)
entstanden sus syllabischer Textierung des langen melismatischen Jubilus auf letzten „a“ des Alleluja vor dem Evangelium
klassische Sequenz (850 – 1050)
Verse können unterschiedliche Länge und Betonung haben
Reimsequenz
Verse in Länge und Betonung angeglichen und mit Reim ausgestattet
Strophensequenz
ca. 5000 Sequenzen umfassende Gattung
durch Konzil von Trient auf 4 reduziert:
→ Vicitae paschalilaudes (Ostern)
→ Veni sancte spiritus (Pfingsten)
→ Lauda Sion salvatorem ( Fronleichnam)
→ Dies irae (Requiem)
→ Stabat mater (1727) zum Fest der Sieben Schmerzen Mariae
VI. Liber gradualis
Liber gradualis / Graduale: Gesänge der Messfeiern
Teil: Proprium missae (im Jahreszyklus wechselnde Eigengesänge jedes Tages)
→ Introitus: Einzugsgesang
→ Graduale: Zwischengesang
→ Alleluja: vor Evangelium
→ Offertorium: Gabenbereitung
→ Communio: zur KommunionTeil: Ordinarium missae (gleichbleibende Gesänge)
→ Kyrie
→ Gloria
→ Credo
→ Sanctus / Benedictus
→ Agnus
→ Agnus Dei
VII. Antiphonar
Antiphonar / Antiphonale: Gesänge des mönchischen Stundengebets (Offizium)
u.a Hymnen, Psalmen, Antiphone, Responsorien
beinhaltet Matutin, Laudes, die kleinen Horen: Prim, Terz, Sext, Non, sowie Vesper und Komplet
VIII. Entwicklung der Mehrstimmigkeit
Mehrstimmigkeit: Zusammenklingen von mindestens zwei Tönen
Heterophonie: Umspielen einer Melodie
Bordun: tiefer, unter der Melodie liegender Halteton (Bsp.: Dudelsack)
Ostinato: sich stetig wiederholende musikalische Figur
zufälliges Zusammenklingen
IX. Frühes Organum (Musica enchiriadis)
vox principalis / cantus: vorhandene erste Stimme
vox organalis: zweite Stimme (improvisiert Erfunden)
Quintorganum: zweite Stimme wird in parallelen Quinten unter vox principalis geführt
klangliche Ausweitung
Quartoganum: beide Stimmen beginnen im Einklang
vox organalis bleibt auf demselben Ton, bis sie über die dissonante Sekunde und Terz zur ansteigenden vox principalis eine konsonante Quarte bildet
die Quarte wird parallel weitergeführt
Endet im Einklang
Dasiazeichen: vorangestellte Tonhöhenzeichen
Tetrachord: Viertongruppe
beide Stimmen bewegen sich in den Klangräumen von Hexachorden (diatonische Sechstonleiter) auf c, f und g, die zur Vermeidung eines Tritonus rechtzeitig gewechselt werden