Der letzte Weihnachtsbaum

Fach Fach

Klasse 2

Autor joflo

Veröffentlicht am 11.01.2019

Schlagwörter

Kinder Weihnachten

Zusammenfassung

Diese Weihnachtsgeschichte eignet sich für Kinder ab dem Alter der 2. Klasse und ist ein gutes Mittel um ihn im Religionsunterricht bei Primarschülern zu verwenden, die noch nicht lange Religionsunterricht haben.
Es ist ein bitterkalter Morgen. Draussen stürmt und windet es, die letzten Herbstblätter fallen von den Bäumen und fegen durch die Strassen. Timo schaut aus dem Fenster und beobachtet, wie sich die Äste der alten Tanne auf dem Schulhausplatz vom Wind hin und her bewegen. „Und jetzt löst ihr bitte die Aufgaben auf Seite 32 aus dem Arbeitsheft“, tönt die Stimme der Lehrerin von weit her. Timo erwacht aus seinem Tagtraum und versucht sich zu konzentrieren. Nur noch eine Lektion Mathe, dann hat er es geschafft für heute. Endlich ertönt die Schulglocke – schnell leeren sich die Schulzimmer und die Kinder machen sich auf den Heimweg. Timo läuft mit seinen Freunden Lenny, Nico und Sven die Schulstrasse entlang. Sie unterhalten sich über Weihnachten. „Was wünscht ihr euch zu Weihnachten?“ will Lenny wissen. „Ich wünsche mir das neue FIFA 19“ sagt Nico. „Und ich möchte unbedingt das neue Fussballtenue meines Lieblingsclubs Paris St. Germain“, meint Sven. Timo hört seinen Freunden zu, ist aber ganz still geworden. Auch Lenny erzählt ganz aufgeregt, welche Wünsche er hat. Nur Timo schweigt weiterhin. „Was ist mit dir, Timo?“ fragen die Freunde. Timo murmelt etwas Unverständliches vor sich hin. „Was hast du gesagt?“ haken sie nach. „Ich wünsche mir einen Weihnachtsbaum“, sagt er leise. „Einen Weihnachtsbaum???“ fragen die Freunde ungläubig. „Was ist denn das für ein Wunsch, das ist doch etwas Selbstverständliches“, meint Lenny kopfschüttelnd. „Ihr habt ja keine Ahnung!“ ruft Timo laut und rennt seinen Freunden davon. Diese schauen Timo erstaunt hinterher, bis er hinter der nächsten Hausecke verschwunden ist. „Was war das denn?“ fragt Nico die Anderen. „Keine Ahnung“, meinen die zwei anderen Jungs. Sie laufen weiter und schon nach kurzer Zeit haben sie den Vorfall bereits vergessen. Timo läuft indessen schnell nach Hause, damit niemand seine Tränen sieht. Er hat sich schon lange davor gefürchtet, dass diese Frage eines Tages kommen wird. Was hätte er denn sagen sollen? Seine Freunde anlügen und von irgendeinem Wunsch erzählen, welcher ihm sowieso nie erfüllt wird? Vielleicht wäre das besser gewesen, das hat er nun von seiner Aufrichtigkeit. Er ärgert sich über sich selber und öffnet voller Wut die Haustüre. Seine Mutter steht in der Küche und bereitet das Mittagessen vor. „Hallo, mein Junge“, ruft sie ihm zu. „Hallo“, gibt er mürrisch zur Antwort, verschwindet sogleich in seinem Zimmer und schlägt die Türe hinter sich zu. Verärgert lässt er sich auf sein Bett fallen und schaut an die Zimmerdecke. Timo ist wütend. Auf sich, weil er seine Klappe nicht halten konnte, auf seine Freunde, weil sie ihm diese Frage gestellt hatten. Auf seine Mutter, weil sie ihm gesagt hatte, dass in diesem Jahr das Geld nicht einmal für einen Weihnachtsbaum reichte, geschweige denn für Geschenke. Und am meisten wütend ist er auf seinen Vater, der an diesem ganzen Schlamassel Schuld ist….. Es ist der 23. Dezember. Nur noch ein Tag und dann ist Weihnachten. Der Weihnachtsbaumverkauf läuft in diesem Jahr ausgezeichnet und Herr Billeter ist äusserst zufrieden mit dem bisherigen Geschäft. Nur noch wenige Bäume stehen auf dem Platz. Davon ist einer besonders schön. Herr Billeter hat sich schon lange gefragt, warum er diesen Baum nicht schon längst verkauft hatte. Er ist einfach perfekt mit seinen regelmässigen, dichten Ästen. Aber na ja, wer weiss, nach was die Leute heutzutage schon suchen? In diesem Augenblick fällt Herrn Billeter erneut dieser Junge auf. Schon seit einigen Tagen streicht er immer wieder um die Bäume herum, gekauft hat er bis anhin jedoch nichts. „Komisch“, denkt Herr Billeter, will auf den Jungen zugehen, wird aber bereits von einem neuen Kunden angesprochen und verkauft den nächsten Baum. Langsam wird es dunkel. Die Weihnachtsbeleuchtung an den Häusern und in den Gärten tauchen die Strassen in ein warmes Licht. Herr Billeter macht sich daran, die Kasse abzurechnen und Feierabend zu machen. So ein tolles Verkaufsjahr hatte er wirklich noch nie. Heute Nachmittag war nochmals ein emsiges Treiben und bis auf den – in seinen Augen schönsten Weihnachtsbaum - hatte er alle Bäume verkauft. „Geschafft für dieses Jahr“, denkt er zufrieden und schliesst die Tür der Scheune zu. In diesem Augenblick sieht er den Jungen erneut. „Was will denn der immer noch hier?“ fragt er sich erstaunt. Der Junge steht vor dem hübschen Weihnachtsbaum und schaut ihn an. „Na, mein Junge“, spricht ihn Herr Billeter an. „Kann ich dir helfen?“ Timo zuckt erschrocken zusammen. „Äh, ich weiss nicht“, stottert er. „Willst du diesen Baum kaufen?“ fragt ihn der Verkäufer freundlich. „Das würde ich ja gerne“, sagt Timo unsicher, „aber ich habe kein Geld.“ Herr Billeter weiss nicht warum, aber aus irgendeinem Grund berührt ihn dieser Junge. Und er fragt sich, ob es wohl einen Grund gibt, warum ausgerechnet der schönste Weihnachtsbaum bis anhin nicht verkauft wurde. In diesem Augenblick fährt ein schwarzer Mercedes vor und ein Mann in einem Anzug und einem Handy am Ohr kommt in schnellen Schritten auf die Beiden zu. Nur kurz nimmt der Mann das Handy vom Ohr und sagt in einem energischen Ton. „Diesen Baum da, den nehme ich. Packen Sie ihn ein, ich habe wenig Zeit“. Schon zückt er sein Portemonnaie und streckt Herrn Billeter eine Hunderternote hin. Verdattert schaut Herr Billeter den Mann an. Einen kurzen Moment zögert er und erwidert dann aber ruhig. „Dieser Baum ist bereits verkauft, da gibt es nichts zu machen.“ „Ich brauche jetzt aber einen Baum“ sagt der Mann entschlossen. „Ich zahle ihnen das Doppelte, aber packen Sie jetzt diesen Besen endlich ein, ich habe nicht ewig Zeit“. „Ich habe gesagt, dass der Baum schon verkauft ist“, erwidert Herr Billeter bestimmt und lässt den Mann stehen. Wütend dreht sich dieser um, flucht vor sich hin fährt mit quietschenden Reifen davon. Herr Billeter dreht sich zu Timo um und lächelt ihn an. „So, und jetzt packe ich dir deinen Baum ein und du gehst nach Hause“. Timo traut seinen Ohren nicht. „Aber, ich habe doch kein Geld“, meint er unsicher. „Das brauchst du auch nicht“, sagt Herr Billeter und streicht dem Baum über die perfekt geformten Äste. „Dieser Baum hat nur auf dich gewartet“, meint er leise. Désirée Bertschinger Weihnachten 2018