Die Sprachgeschichte Paraguays

Fach Fach

Klasse 12

Autor lisaurus

Veröffentlicht am 26.03.2018

Schlagwörter

Paraguay Dialekte Spanisch Sprachsituation Paraguayisch

Zusammenfassung

Dieses Referat behandelt die Sprachgeschichte Paraguays sowie die ethnologistische Situation. Die indigene Sprache des Landes ist Guaraní. Im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Ländern ist diese Sprache auch heute noch weit im Land verbreitet. Das Referat gibt einen Überblick darüber, wie sich die Sprachsituation im Land seit der spanischen Eroberung verändert hat.

Sprachgeschichte

Die spanische Eroberung Paraguays erfolgte um das Jahr 1536 nach der Niederschlagung der Guaraní-Indianer. In diesem Jahr wurde auch die Siedlung Asunción gegründet, die zur heutigen Hauptstadt wurde. Den Grundstein für die sog. „mestizaje“, also der ethnischen Vermischung und somit auch für die Spra-chentwicklung Paraguays legte Domingo Martinez de Irala mit seiner forcierten Heiratspolitik zwischen spanischen Beamten bzw. Söldnern und Frauen der Guaraní. Zu dieser Zeit kam dem Spanischen jedoch lediglich eine Minderheitenposition zu und wurde nur von einer sehr dünnen Oberschicht gesprochen, be-stehend aus der militärischen Führung, dem Klerus und der Verwaltung.

Die aus der Mestizierung hervorgegangenen Kin-der lernten Spanisch nur von ihren Vätern, die Mütter sprachen Guaraní mit ihnen. Deshalb war das damalige Spanisch geprägt von einem militärischen Charakter und zahlreichen fachsprach-lichen lexikalischen Archaismen. Ein wichtiges Kapitel para-guayischer Geschichte begann im Jahr 1609, als die ersten Je-suiten ankamen, um zu missionieren. Ab 1622 errichteten sie im südlichen Ostparaguay Siedlungen, die sog. Reduktionen, in denen die Indianer zusammengefasst wurden, um vor Angriffen der brasilianischen Siedler und Zwangsarbeit für die spanischen Herren geschützt zu sein. Da die dortige Umgangssprache Gua-raní war, beschränkte sich die Verbreitung des Spanischen so-mit auf das Gebiet um Asunción und die Provinz Guairá (vgl. Dietrich 2003:1045-1048).

Dass das Guaraní bis in die heutige Zeit erhalten geblieben ist, ist wahrscheinlich dem Verdient der Jesuiten zu verdanken. Durch ihr intensives Studium der indigenen Sprache und das Drucken von Schriften in Guaraní trugen sie zu dessen sozialen Akzeptanz und Erhalt bei (vgl. Faso-li-Wörmann 2002:27-29). Nach der Ausweisung der Jesuiten und der Auflösung der Reduktionen 1768 kehrten viele Indios wieder zu ihrer tribalen Lebensweise zurück, andere trugen jedoch weiterhin zur Vermehrung der sich konstituierenden nationalen Bevölkerung bei, indem sie sich als Ackerbauern ansiedelten und sich mit den Mestizen vermischten.

1811 wurde Paraguay unabhängig und definierte seine Un-abhängigkeit von Anfang an durch seine Zweisprachigkeit. Die darauffolgende Isolationspolitik unter Präsident José Gaspar Rodriguez de Francia (1814-40) war gekennzeichnet durch ei-nen Kampf gegen alles Spanische, was sich beispielsweise auf die Heiratspolitik auswirkte. So war es Weißen in dieser Zeit nur erlaubt Nicht-Weiße zu heiraten. Außerdem trug Francias Politik zur sozialen Anerkennung der indigenen Sprache des Landes bei. Seine Nachfolger Carlos Antonio López (1842-62) und Solano López (1862-70) hielten zwar an Francias Isolati-onspolitik fest und vermieden es, ausländische Siedler ins Land zu lassen, bemühten sich aber um eine Hebung des Bildungsni-veaus nach der totalen Bücherlosigkeit in der Diktatur Francias.

Durch die Abschirmung blieb das paraguayische Spanisch weitgehend unberührt von externen Einflüssen oder Innovationen, was zu einer Herausbildung einer eigenen Variante des Spanischen führte, das stark vom Guaraní beeinflusst wurde und wird. Des Weiteren kam es in dieser Zeit zu einem deutlichen Anstieg der Spanischkenntnisse, vor allem unter den weiblichen Einwohnern Asuncións. Gründe hierfür waren unter anderem die Gründung der Academia Literaria und ein massi-ver Bücherimport (vgl. Dietrich 2003:1048-50).

Die Niederlage im verheerenden Krieg gegen die Dreier-Allianz Brasili-en/Uruguay/Argentinien (1865-70) reduzierte die Bevölkerung von ca. 1,5 Millionen auf nur mehr 200.000. Doch erst ab 1880 öffnete sich das Land schließlich gegenüber Einwanderern, da-runter beispielsweise plattdeutsch sprechende Mennoniten, die das nördliche Gebiet des Chaco besiedelten (vgl. Born 2012:84). Eine größere Zuwanderung von Spanischsprechern blieb allerdings aus. Eine gewisse Öffnung des Landes nach der langen Abschirmung lässt sich spätestens seit der Erlangung demokratischer Freiheiten (1989) und des Beitritts zur Wirtschaftszone des Mercosur (1991) beobachten (vgl. Dietrich 2003:1049). Seit 1992 ist Guaraní die offizielle zweite Landessprache:

“El Paraguay es un país pluricultural y bilingüe. Son idiomas ofi-ciales el castellano y el guaraní. La ley establecerá las modali-dades de utilización de uno y otro. Las lenguas indígenas, así como las de otras minorías, forman parte del patrimonio cultural de la Nación.” (Constitución del Paraguay 1992, Artículo 140)

Ethnolinguistische Situation

Aus ethnolinguistischer Sicht lässt sich die Bevölkerung Paraguays in drei Kategorien gliedern: Die zahlenmäßig größte ist das hispanische Segment, das aus der 500-jährigen Mestizierung heraus entstanden ist. Bloß ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung hat gar keine europäischen Wurzeln, die endemische (vgl. Born 2012:84). Laut dem Censo Nacional de Población y Viviendas para Pueblos Indígenas (2012) gibt es derzeit nur rund 113.000 Menschen, die diesem Segment angehören.

Neben den Guaraní-Varietäten gibt es außerdem 13 weitere Sprachen verschiedener Indianerstämme, wie Angaité oder Nivaclé. Diese verzeichnen jedoch lediglich ein paar Tausend Sprecher und stellen somit eine Minderheit dar. Als letzte Kategorie nennt Born (2012:84) noch die allochthonen Gruppen, darunter zum Beispiel Mennoniten, die brasilianische Landbevölkerung oder arabischsprachige Händler.

Literatur

  • Born, Joachim (2012): “Varietäten des Spanischen: Rio de la Plata (Paraguay)“, in: Born Joachim et al. (Hrsg.) Handbuch Spa-nisch. Sprache, Literatur, Kultur, Geschichte in Spanien und Hispanoamerika, Berlin: Erich Schmidt, 83-89.
  • Dietrich, Wolf (2003): “Externe Sprachgeschichte des Spanischen in Paraguay“ in: Ernst, Gerhard (Hrsg.) Romanische Sprachge-schichte. Ein internationales Handbuch zur Geschichte der romanischen Sprache, Berlin / New York: W. de Gruyter, 1045-1052.
  • Fasoli-Wörmann, Daniela (2002): Sprachkontakt und Sprachkonflikt in Paraguay. Mythos und Realität der Bilinguismussituation, Frankfurt am Main: Lang (Studien zur allgemeinen und ro-manischen Sprachwissenschaft, 8).