Hexerei - kulturelle Betrachtungsweisen

Fach Fach

Klasse 12

Autor Traumfängerin

Veröffentlicht am 28.02.2018

Schlagwörter

Hexerei Brauchtum Psychoanalyse

Zusammenfassung

Hexerei und Glaube kulturell und psychoanalytisch betrachtet. Bezug auf Werke Sigmund Freuds, okkulte Brauchtümer in verschiedenen Kulturen, ausgewählte Werke werden näher betrachtet und zu Vergleichen herangezogen.

Hexerei kulturell betrachtet

1.1 Psychoanalyse du Unbwusstheit in der Kultur – Mario Erdheim

Mario Erdheim (1988) beginnt seinen Aufsatz mit dem Zitat einer Tischrede Martin Luthers, welcher von einem Kind spricht, das wahnsinnig viel gegessen hatte, sich nicht angreifen ließ und schrie, wenn ihm etwas nicht passte. Luther sprach sich für die Vernichtung jenes Kindes aus, was der Fürst allerdings ablehnte. So empfahl Luther, dass man für das Kind beten sollte, damit es normal werden würde.

Mario Erdheim meinte dazu, dass, wer nicht arbeitet, jedoch dann isst und schreit, vom Teufel besessen sei. Sein Hauptaugenmerk lag auf dem Aspekt des Nicht-Arbeitens.
Die Re-Interpretation ist immer sehr wichtig, wie es oftmals in Lexika zu finden ist. Das heißt, Irrationales wird von Rationalem überlagert, davon ausgehend neu interpretiert – reinterpretiert.
Luther bemerkte das abnormale Verhalten und verlangte die Vernichtung des Kindes. Es handelt sich dabei um ein Werturteil, es werden verschiedene Verhaltensweisen betrachtet.

Erdheim legt das Hauptaugenmerk wie bereits angeführt aus das Nicht-Arbeiten des Kindes und verlangt aufgrund dessen die Vernichtung. Sein Urteil resultiert aus einem einzigen Aspekt, seine Betrachtung ist sehr selektiv.
Man gelangt daher zu unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten:
Erdheim macht daraus eine ganze Theorie der Hexerei, indem er meint, Zivilisationsprozesse seien schlecht: Die Kultur wird immer komplexer, der Mensch allerdings kann damit nicht umgehen.

Er möchte am Beispiel der Hexenverfolgung aufzeigen, dass eine auf den Teufel aufbauende Religion sich in einen Dualismus katapultiert: Das „Negative“ wird als „Teufel“ bezeichnet, umfasst ebenso Dämonen, Hexerei und ähnliche Begriffe.
Es handelt sich hierbei um eine Entdifferenzierung, das bedeutet, etwas Ganzes wird damit nun differenzierter, ohne jedoch dabei zu verfallen. So kann Entdifferenzierung als eine Art Regression angesehen werden.

Weiters stellt Erdheim sich die Frage, weshalb der Hexenwahn gerade im 15.- 17. Jahrhundert so stark aufkam und nennt dafür zwei Gründe:

a) Er kam zu dem Schluss, dass Ende des 15. Jahrhunderts neue Beweisverfahren – wie Folter, etc.- dazu führten, dass es zu einer Wucherung der Hexenverfolgung kam, da immer mehr Leute der Hexerei beschuldigt wurden. Folter allerdings ist nicht Ursache, sondern Umstand dieser Entwicklungen, dient sozusagen als Instrument der Bestätigung. Erdheim war der Meinung, dass man mittels Folter Zustimmung für alles erlangen konnte.

b) Man ging früher davon aus, dass Menschenblut die Sonne ernähre (vgl. dazu die Menschenopfer bei den Aztekenstämmen). Öffentliche Prozesse machten dem Volk glaubhaft, dass Hexerei existent sei. Dies sollte vor allem der absolutistischen Herrschaft dienen, welche eine Notwendigkeit darin sah, sich vor gegenteiligen Meinungen zu schützen. Man kann also den Hexenwahn auch als Art der Verschiebung beziehungsweise der Ablenkung der eigenen Aggressionen ansehen.

a. 1.2 Hexerei global – Gerhard Kubik

Der Artikel „Hexerei global“ von Gerhard Kubik (2004) handelt davon, dass es im südostafrikanischen Raum mehrere Arten von Heilpraktikern gibt:

a) Heilpraktiker, die mit pflanzlichen Substanzen arbeiten

Von ihnen wird eine Vielzahl von Krankheiten behandelt. Jedoch profitiert die Pharmazie sehr davon.
b) Heilpraktiker der Geister

Diese Gruppe vertritt die Ansicht, dass eine Krankheit von einem unzufriedenen, transzendenten Wesen ausgelöst wird, beispielsweise von einem Toten, der von seinen Nachkommen enttäuscht ist, Wesen, die nie auf der Erde waren aber dennoch unzufriedene Beziehungen zu Menschen eingehen, etc. All das führt zu Krankheit.
Psychoanalytisch betrachtet spricht man davon, dass innere Spannungszustände das Leiden auslösen. Der Betroffene sucht also einen Heilpraktiker auf, schildert ihm sein Problem.

Es lassen sich hier viele Parallelen zur klassischen Psychoanalyse erkennen. Allerdings möchte jene die Symbole, welche die Krankheit ausgelöst haben, bewusst machen um sie auflösen zu können. Im Gegensatz dazu ist dies nicht Ziel des Heilpraktikers.

c) Heilpraktiker, die sich mit Hexerei beschäftigen

In der Psychoanalyse wird dies als „projektive Zuordnung“ bezeichnet.
Die Idee der Hexerei handelt davon, dass man von anderen Menschen bedroht wird, es sind immer andere schuld am eigenen Leid. Unglück entsteht somit durch böse Praktiken anderer. Inhalte dieser Praktiken sind immer destruktiv und haben Schaden zum Ziel.

Hexerei wird im Afrikanischen als „ufiti“ bezeichnet. Man konzentriert sich dabei auf die Weisen, wie man Hexerei austreiben kann.

Fühlt sich beispielsweise jemand im Dorf bedroht, entstehen kurz darauf Gerüchte, diese verbreiten sich schnell und sofort kommt es zu Verdächtigungen. Es werden sogenannte Indizien gefunden, ein Verdachtmoment entsteht, was wiederum zu Beschuldigungen führt. Man versucht nun weiters, die Person abzuschieben.
Man möchte den Verdächtigen zwingen, zum Heilpraktiker zu gehen, damit jener feststellen kann, ob es sich um Hexerei handelt oder nicht. Ist das der Fall, sollen die hexerischen Fähigkeiten ausgelöscht werden, es besteht sozusagen Zwang zur Verifikation.

Dabei wird davon ausgegangen, dass Hexerei im Bauch sitzt und bereits vor der Geburt vorhanden ist.
Weigert sich der Beschuldigte allerdings, es zuzugeben, wird er vom Heilpraktiker aufgefordert, zu gehen. Was jedoch unmöglich ist, aufgrund des sozialen Drucks: Die beschuldigte Person weiß, dass man daheim einen Beweis erwarten würde, dass er geheilt ist. Einen Beweis, den er jedoch nicht vorweisen kann.
Man ist dem Heilpraktiker und seinem Urteil somit ausgeliefert!
Hierbei handelt es sich um einen intrakulturellen Standpunkt.

Quellenangaben:

Eigene Mitschrift der Vorlesung 160.160 „Hexerei global – die Wiederkehr des Verdrängten“ an der Universität Klagenfurt, gehalten von Gerhard Kubik.

Erdheim, Mario: Psychoanalyse und Unbewusstheit in der Kultur, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main

Wiener Psychoanalytische Vereinigung: Hysterie. Wien, Picus Verlag 2002.

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