Freuds Massenpsychologie

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Klasse 12

Autor Traumfängerin

Veröffentlicht am 28.02.2018

Schlagwörter

Freud Psychologie

Zusammenfassung

Analyse ausgewählter Werke von Sigmund Freud zur Thematik der Massenpsychologie. Ausgewählte Werke: Totem und Tabu sowie "Massenpsychologie und Ich-Analyse aus dem Jahr 1921. Hier werden verschiedene Massen und die Auswirkungen auf das Ich betrachtet.
  1. Totem und Tabu (1921)

Freud stellte fest, dass es immer eine Ambivalenz von Führern und Geführten gibt. Dies postulierte er, als er sich damit beschäftigte, wie eine Gesellschaft funktioniert. Jene Doppeleinstellung ist daran zu erkennen, dass der Führer einerseits geliebt, aber auf der anderen Seite auch gehasst wird von den Gruppenmitgliedern. Das heißt, eine positive Einstellung gegenüber dem Leiter ist nie isoliert anzutreffen, man findet immer auch negative Zuschreibungen.
Hierbei nannte Freud einige Beispiele in seinem Werk:

Man wählt als Volk einen Führer, den man verehrt. Dieser soll geschützt werden, sodass er alleine und abgegrenzt leben soll, abgeschieden von den anderen, damit ihm nichts zustößt. Außerdem muss sich der gewählte Führer einem sogenannten Initiationsritual unterziehen, was oftmals eine brutale Angelegenheit wie Kämpfe oder Prügelein sind.
Dem geliebten Häuptling wird Schmerz zugefügt, er wird isoliert, damit ihm nichts passiert, man möchte ihn vor schlechten Einflüssen schützen aufgrund enormer Hochachtung vor ihm – hier ist die angesprochene Ambivalenz klar sichtbar.
Diese Vorgänge sind Traditionen, die zahlreich untersucht worden sind.

Freud beschäftigt sich weiters mit der Urhordentheorie, die eine spekulative Hypothese darstellt. So meint er, dass sich in Urzeiten ein despotischer Leiter an die Spitze der Gruppe stellt. Jener verlangt, dass nur er sexuellen Zugang zu den Frauen haben soll, stellte also ein Sexualtabu für die anderen Männer auf. Alle anderen waren in ihrer Eigenschaft als Unterworfene gleich, es bestanden zwischen ihnen keinerlei Unterschiede. Die einzige Autorität oblag dem Führer.
Bevor diese Individuen Menschen waren, waren sie eine progressive Primatenhorde, die dann Fortschritt in der Intelligenz machten.

Den Übergang zum Menschen beschreibt Freud wie folgt:

Es kam zu einem Aufstand der Untergebenen, indem sie den Gehorsam verweigerten. In Folge dessen ermorden sie den Führer und zerstückeln ihn brutal. Die Leichenteile des ambivalent Geliebten haben die Unterworfenen verzehrt.
Dieses Verzehren zeigt die Ambivalenz deutlich: Es symbolisiert einerseits Triumph über den Getöteten und andrerseits einen Liebesakt, denn durch das Aufnehmen wird der Leiter Teil des Selbst. Das, wofür der Führer stand, ist durch diesen Vorgang nun seelisch vorhanden: Das Sexualtabu, alleinige Macht, alleiniger Besitz und dergleichen. Es kam durch die Liebe zum einstigen Führer zu keiner Veränderung des Systems. Die Täter identifizierten sich mit dem Opfer.
So entstand nach Freud das Gewissen, das Über-ich – durch solch ein Introjekt: Dem Führer wird Folge geleistet, ohne, dass er selbst auftreten muss.

Heute sind solche Vorgänge bei Kannibalen anzutreffen aber auch in der Kirche, wenn die Gemeinde den Leib und das Blut Christi zu sich nimmt. Es entstehen immer Spannungen in Bezug auf diese Introjekte.
Vergleichbar sind diese Introjekte mit dem kollektiven Unbewussten nach C.G. Jung.

  1. Massenpsychologie und Ich- Analyse (1921)

In diesem nachfolgenden Werk beschäftigt Freud sich damit, was menschliche Gesellschaften zusammen hält. Ich möchte neben zwei Beispielen etwas näher auf den von ihm beschriebenen Herdentrieb eingehen, da dieser bereits in dem vorher behandelten Werk zur Sprache gekommen ist.

3.1 Herdentrieb

Die Masse lässt viele Dinge erkennen, wenn sie als Ganzes betrachtet wird. In ihr werden Individuen geschwächt, verändert, es bestehen Neigungen zur Grenzüberschreitung, Aufschieben von Trieben scheint unmöglich, Handlungen können nicht später gesetzt werden sondern müssen sofort erfüllt werden. All das lässt auf eine Regression schließen, da man jene Verhaltensweisen ebenso bei kleinen Kindern bebachten kann.

Die einzelnen Mitglieder brauchen ständige Bestätigung seitens der Masse, alleine können sie sich nicht beweisen. Die jeweiligen Ansichten sind in öffentlichen Meinungen, Vorurteilen und Stereotypen erkennbar.
Aber nicht nur die libidinöse Bindung an einen Führer, sondern auch die Beeinflussung durch andere Gruppenmitglieder ist ausschlaggebend. So bestehen gefühlsmäßige Bindungen nicht nur zum Leiter, sondern auch unter den Mitgliedern einer Masse, deren Einfluss nicht zu unterschätzen ist, was sich auch an der bereits genannten Tatsache der ewigen Bestätigung erkennen lässt.

Freud bezieht sich in seinem Werk auf W. Trotter, welcher meinte, dass den Menschen – gleichsam den Tieren- ein Herdentrieb angeboren ist, der etwas nicht Zerlegbares, Primäres ist. Trennungen von der Herde werden vermieden und mit Angst beantwortet, er führt dabei das Beispiel der Trennungsängste von Kindern an, ein Vergleich, der zahlreich kritisiert wurde. Neues wird prinzipiell abgelehnt. Neben dem Herdentrieb existieren nach Trotter folgende Triebe: Der Ernährungstrieb, der Geschlechtstrieb und der Selbstbehauptungstrieb, die dem Herdentrieb oftmals gegenüber stehen.
Pflichtgefühl und Schuldbewusstsein machen ein „gregarius animal“ aus. Erwähnenswerst ist, dass Trotter sich mit allgemeinen menschlichen Massen beschäftigte, die Rolle des Führers hat er kaum behandelt, er sah ihn als zufällig hinzugekommene Person in der Masse an.

In Massen bildet sich ein Gemeinschaftsgefühl, welches auf dem Wunsch nach Gleichstellung beruht. S konkurrieren beispielsweise Fans nicht miteinander, sondern teilen sich das Gefühl der Verehrung, niemand soll bevorzugt oder hervorgehoben. Daraus kann man schließen, dass jenes Gemeinschaftsgefühl eigentlich auf Neid der Missgunst beruht – was man selbst nicht hat, soll auch kein anderer haben.

3.2 Kirche und Heer – zwei künstliche Massen

Im folgenden Abschnitt möchte ich mich eingehender mit den Massen „Kirche“ und „Heer“ beschäftigen.
Bei beiden handelt es sich um sogenannte künstliche Massen, denen außerdem noch die Tatsache, dass ihnen ein Führer vorsteht, gemein ist. Weiters sprechen wir von organisierten, dauerhaften Massen.

Bei den von mir genannten Massen wird ein äußerer Zwang angewandt, um sie zusammenzuhalten, auch Veränderungen der bereits bestehenden Strukturen sollen wenn möglich vermieden werden.

In der Regel kann das Individuum nicht eigenständig entscheiden, ob es der Masse beitreten möchte, jedoch wird ein möglicher Austritt meist bestraft oder man muss erst gewisse Bedingungen erfüllen, um die Masse verlassen zu „dürfen“.
Die genannten Beispiele Kirche- hierbei wird zu Vergleichen die katholische Glaubensgemeinschaft herangezogen- und Heer arbeiten beide auf die gleiche Weise: Sie lassen ihre Mitglieder in dem Glauben, dass ihr Führer – in dem Fall also der Feldherr beziehungsweise Christus- alle Individuen der Masse gleich liebt. Er tritt demnach sozusagen als Vaterfigur auf, der sich um sie sorge, aber auch überwacht. Würde sich diese Illusion zerschlagen, würde die Masse schlagartig zerfallen.
In der katholischen Kirche ist die Bindung der Gläubigen untereinander auf ihre Bindung zu Christus zurückzuführen. So nennen sie sich selbst „Brüder in christo“ , was übersetzt „Brüder durch Christus“ bedeutet, womit die Liebe Christus´ zu den Menschen gemeint ist. So wird das bekannte Gefühl von Zusammengehörigkeit bewirkt.

Auch im Heer ist solch eine Vaterfigur – der Feldherr- anzutreffen. Diese Vaterfigur behandelt alle Soldaten gleich, was jene wiederum zu Kameraden macht. Im Heer kommt außerdem noch der stufenartige Aufbau hinzu, eine Hierarchie, die so nicht in der Kirche zu finden ist. Zwar existiert eine Hierarchie, Christus wird allerdings mehr Sorge und Wissen als den menschlichen Führern zugestanden.

In beiden Massen sind zwei libidinöse Bindungen zu erkennen: einerseits die zum Führer, andrerseits die zwischen den einzelnen Mitgliedern. Diese Gefühlsbindungen in zwei Richtungen erklären Einschränkungen und Veränderungen der individuellen Persönlichkeit, wenn sie sich in der Masse befindet.

Zersetzt sich eine Masse, entsteht Panik. Befehle der eigentlichen Anführer werden nicht mehr aufgenommen, ihnen wird keine Folge mehr geleistet. Jeder handelt nur noch aus Sorge um das eigene Wohlergehen, nicht mehr um das der gesamten Gruppe. Sinnlose, riesige Angst macht sich breit, die vormals bestehenden Bindungen existieren nicht mehr. Panik steht nicht in Relation zur eigentlichen Bedrohung, bricht oft aus, obwohl objektiv betrachtet gar kein Grund dazu gegeben ist. Die Bedrohung muss also nicht übermäßig hoch sein, um solche eine Massenhysterie auszulösen.

Über das entstehen von Panik sind verschiedene Theorien zu finden, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass der Begriff der Panik nicht einheitlich definiert ist und viele Bedeutungen annehmen kann.

Mc Dougall beispielsweise sieht nicht militäre Panik als gute Demonstration für die sogenannte „Affektsteigerung durch Ansteckung (primary induction)“ an. Sein Postulat kann durchaus geltend gemacht werden, wenn die Gefahr ausreichend groß ist und keine engen Gefühlsbindungen zwischen den Mitgliedern bestehen.

Beschäftigt man sich mit jener Aussage näher, kommt man zu den Schluss, dass die Massenseele sich in solchen Situationen selbst aufhebt, keine Bindungen mehr zwischen den Mitgliedern besteht. Ein Paradoxon, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass genau dieser Zusammenhalt das Wesen der Masse ausmacht.

Man kann also sagen, wenn die Masse ihren Führer verliert, verschwindet nicht nur die Bindung an ihn, sondern auch die Gefühlsbindung der Individuen untereinander.

Versuche zeigten, dass dies bei militärischen Gruppen schneller passiert als in der Religion. In religiösen Gemeinschaften wird oftmals auch nach einem gemeinsamen Feindbild außen gesucht, gegen das vorgegangen werden kann, was auch den inneren Zusammenhalt fördert .