Affekttheorie

Fach Fach

Klasse 11

Autor Traumfängerin

Veröffentlicht am 28.02.2018

Schlagwörter

Affekte Psychologie

Zusammenfassung

Affekttheorie - Nomenklatur, Affekte in ihren unterschiedlichsten Ausprägungen, Definition der Grundaffekte, Auslöser für vegetative Reaktionen auf bestimmte Verhaltensweisen, Auswirkungen auf Motorik, Handeln und Alltag.

Affekttheorie - Nomenklatur

Affekt – Emotion – Gemüt – Trieb – Gefühle = überlappende Bedeutung.

Affekte stellen einen Teil von dem dar, was Eugen Bleuler die menschliche Emotionalität nannte. Die Emotionalität ist ein Kunstbegriff. Bleuler war ein Pionier der frühen Psychiater und hat vorgeschlagen die Affekte mit Stimmungen und Trieben zu der menschlichen Emotionalität zu zählen. Was kann man der Emotionalität gegenüberstellen? Kognition, Rationalität, Vernunft, Verstand? Ist Verstand und Vernunft das gleiche und wie verhalten sich die beiden zur Rationalität? Alle diese Begriffe sind unklar. Weisheit – Vernunft. Vernünftig – konsequent – verstandesmäßig. Vernunft wird laut einigen Autoren mit dem Wort vernehmen in Zusammenhang gebracht. Vernehmen hat mit Weisheit, Tradition und Wertung zu tun. Verstand: ist dasjenige, was das logisch schließende Instrumentarium in unserer Psyche darstellt. Verstand und Rationalität sind sprachlich miteinander identisch.

Emotionalität bei Bleuler: Affekt, Gemüt, Stimmungen, Gefühle und Triebe. Wie werden diese Begriffe nun verwendet?
Gemüt: Charakter, eine Grundhaltung, ein Fundament.

Es gab Zeiten, in denen von Gemütskrankheiten die Rede war. Geisteskrankheiten andererseits. Unterschied: Rationalität ist bei Geisteskrankheiten gestört. Bei den Gemütskrankheiten ist die Affektivität gestört.
Stimmungen: Liegen temporär zwischen dem Gemüt und dem Affekt. Es gibt auch
eine ausgewogene, neutrale Stimmung. Hintergründige Begleitmelodie, die uns über Tage begleitet.
Gefühl: Wert, Wertschätzung. Ahnung. Ist gegenüber der Stimmung etwas schärfer abgegrenzt. Ist auf das Handeln ausgerichtet. Man neigt weniger zu Verwirrung als beim Affekt.

Affekt: Gefühl dauert länger als der Affekt. Dieser ist zugespitzt, akut; eine plötzliche Erregtheit. Kann der Selbststeuerung am stärksten widersprechen.

Trieb: Energie, Lust und Unlust (gilt auch als Gefühl) Psychoanalytisch in zwei Hauptausprägungen: a) Triebe sind im Wesentlichen somatisch begründet und im Wesentlichen dem somatischen zuzuordnen. b) Stimmt zwar, aber wenn Trieb aus dem Somatischen gespeist wird, ist der Trieb an sich nicht somatisch, sondern ein seelisches Phänomen. [ laut Kernberg und Loewald] Triebe – Antriebe. „Trieb“ ist negativer besetzt als „Instinkt“.

Unterschied hinsichtlich der Instinkte: Angeborene Verhaltensprogramme, die ein Lebewesen in seinem Verhalten festlegen. (engl.: instinct wurde für den Trieb verwendet. Bei der Rückübersetzung wird es oft mit dem Instinkt verwechselt.)
Instinkte von Menschen: Todstellreflex = Starre bei extremer Gefahr. Automatische Bewertung ob Flucht oder Starre besser angebracht ist. Freud nannte das zweite Intelligenz. Physiologische Reaktion – biologischer Sinn? Seelischer Tod (Bewusstsein setzt aus) sanfter Tod. Es kann auch eine Überlebenschance wachsen, weil Raubtiere nur Bewegung wahrnehmen können, oder es sie nicht mehr zum Jagen reizt.

Mutterinstinkt: Beschützen bei Gefahr. Es gibt Situationen, wo wir ein Kind in Gefahr sehen und sich die Mutter nicht schützend verhält. Zum Beispiel bei Überforderung. Missbrauch/ verhungern lassen etc. Der Instinkt sollte aber etwas Angeborenes darstellen. Es gibt eine instinktmäßige Tendenz, welche auch aussetzen kann. Bei uns Menschen sind die Instinkte nur restartig vorhanden. Unsere menschliche Natur ist offener, als die der Tiere. Mütterliches Verhalten kann auch erlernt sein.

Menschliche Triebe: Restartige Instinkte klingen mit an. Es handelt sich aber nur um ansatzweise Programme, welche durch Lernen außer Kraft gesetzt werden können.

Haben Zurechtweisungen von erfahrenen Tieren bei Jungtieren. Beim Menschen gibt es keine festgelegten Grenzen und daher kann das Zurechtweisen entgleisen und das Kind schädigen.
Revierverhalten: bei Tieren aber auch bei Menschen vorhanden. Bsp: Umzäunung des Grundstückes. „Komm nicht mit leeren Händen, wenn du wo eingeladen bist“ = erlernt.

Konrad Lorenz: artmäßige Tötungsbarriere bei Säugetieren trotz Revierverhalten. Je näher fremdes Tier in das Zentrum des Besitzers kommt, desto wilder gebärdet sich der Besitzer und vertreibt es bis an seine Reviergrenzen, dabei wird der Besitzer immer ruhiger.

Ist bei Menschen ansatzweise auch der Fall. Zeremonie aus dem Tierreich ist verloren gegangen, daher sind wir in der Gefahr, dass unser Verhalten grenzenlos wird. Revierverhalten kann bei uns Menschen bis zum Blutrausch gehen.

Ergebnis
Gesamte Emotionalität des Menschen bedarf einer Kultivierung, weil unsere Instinkte nur noch ansatzweise vorhanden sind. Das bedeutet, dass wir darauf angewiesen sind, dass unser Erleben und Verhalten benannt und eingeordnet wird und wir dadurch eingrenzen und lenken was sonst grenzenlos und gefährlich werden kann. Namenloses Entsetzen. Zuspitzung des emotionalen Prozesses kann sich der verbalen Einordnung entziehen. Es gehört zur Kultivierung natürlich mehr als das sprachliche Benennen. Die betreffenden Erlebnisse und Handlungen ordnen wir Erlebnissen zu, welche kulturell bekannt sind. (Bsp: Kindern Märchen vorlesen.) Bindungsverhalten: Verständigungsverhalten zwischen Kindern und deren Bezugspersonen, was im Rahmen der Emotionalität erlebt wird und wie das reguliert werden kann, gibt es schon ganz früh. (Bsp: Lächeln, welches von der Mutter erwidert wird. Brabbeln von Mutter, wenn sich Kind unwohl fühlt und die Mutter ihm zeigen will, dass es sich um etwas Harmloses handelt.) Die Grundlage dafür ist die Bindung zwischen den wesentlichen Bezugspersonen und dem Kind.

Wir neigen dazu Gefühle als Naturereignisse zu nehmen und uns nicht mehr verantwortlich fühlen und dasselbe machen wir erst recht mit unseren Affekten. Die Erziehung geht immer damit einher, dass Gefühle und Affekte kultiviert werden und zwar durch die Einflussnahme der erziehenden Personen. Dass Normen Kindern von Anfang an beigebracht werden und durch Märchen & CO komplexe Verhaltensmuster klar gemacht werden, ist ein wesentlicher Beitrag zur Erziehung. Diese Entwicklung geht auch im Erwachsenenalter weiter. Die Sprache ist hierbei natürlich wichtig. Es gibt eine Art Stereotyp in unserer Gesellschaft, dass Gefühle und noch mehr Affekte nicht beeinflussbar sind.

Daraus ergibt sich, dass Menschen vertreten „Was ich fühle, fühle ich und daran lässt sich nichts verändern. Hilfe in der Therapie muss einen anderen Weg gehen.“ Dafür werden Argumente herangezogen (Verstand springt ein). Bsp: „Ich reagiere mit meiner Depression nur auf die Realität und habe mir meine Depression nicht aufgebaut. Ich bin arbeitslos, mein Partner hat mich verlassen, ich bin pleite, das Auto ist kaputt usw.“ Die Betroffenen sind natürlich nicht bösartig und wollen die Helfer blockieren, sondern sie geben das wider, wie sie ihre Realität erleben. Sie sind oft davon überzeugt, dass ihre Situation genauso unveränderlich ist, wie ihre Depression. Was tun? Ressourcenorientiert arbeiten. Dennoch tritt ein Konflikt auf – siehe Stereotyp. Man könnte nach dem Ursprung des Gefühles fragen – Standort außerhalb seiner emotionalen Reaktion anbieten. Man könnte auch mit der Gegenübertragung arbeiten. Der Klassiker von Patienten: „Sie können sich das gar nicht vorstellen, wie es mir geht!“

Reagiert der Therapeut zu ironisch, kann es zu erneuten Verletzungen und einem endgültigem Rückzug kommen.
Geschichte von den Fröschen in der Milch: Zwei Frösche fallen in eine Schüssel, der Eine gibt auf und ertrinkt, der Andere strampelt und strampelt, bis er Butter gemacht hat und rausspringen kann.
Der Patient kommt meist mit einer zwiespältigen Motivation zur Therapie: einerseits sucht er Hilfe, andererseits ist er überzeugt, dass ihm nicht geholfen werden kann.

Manchmal liegt hinter einer Depression der Hass gegenüber einer Bezugsperson. Das schlechte Gewissen hat sich eingeschalten, als der Hass zu groß wurde und bracht den Patienten zum depressiven Zusammenbruch. Dann hilft es den Hass auf den Tisch zu legen.

Durch das Verstehen soll der Sinn des aufgebauten Affektes klar werden und dann soll überlegt werden, welche anderen Möglichkeiten entwickelt werden könnten, um das Problem zu bewältigen.

Umso gefestigter die alternativen Handlungsmöglichkeiten werden, desto mehr kann der Patient seine alten Muster loslassen. (Bsp: Soziale Fähigkeiten vs. Neurotischer Putzzwang nach Handwerkerbesuch)
Affekte = Kurzzeitige Erregung, aber welche Art von Erregung.
Starke kurzzeitige Gefühlserregung. Man dreht sich im Definitionskreis.
Seelische Erregung. Wir setzen etwas voraus, was wir alle kennen, aber nicht näher definieren. Es handelt sich um eine archaische Reaktion. Der Affekt beeinflusst in einer archaischen Weise alle seelischen Funktionen (rationale Steuerung, Einsicht usw.) Außerdem werden Motorik und Handeln und das vegetative Nervensystem beeinflusst. Oft sind direkte Ergebnisse dieser vegetativen Veränderung bemerkbar: schwitzen, Tränenproduktion, bleich/rot werden.

Auslöser

  • Situationen
  • Zwischenmenschliche Beziehungen
  • Naturereignisse
  • Bloße Vorstellungen
  • Alle möglichen Wahrnehmungen, die mit Affekten assoziiert sind.
    (bestimmtes Wetter, Örtlichkeit)
    -> Zeichen und Symbole können zu Affektauslösern werden.

Archaische Reaktion heißt es ist eine Antwort auf etwas. Es wird auf angeborene (Instinktreste), oder erworbene Schemata zurückgegriffen. Angeboren vs. erworben: Unterscheidung ist sehr schwer.

Alle seelischen Funktionen werden von unseren Affekten beeinflusst:
• Urteil = logische Operation
• Kritikfähigkeit (aktive/ passive) wird beeinflusst.
Aktive Form: andere Personen kritisieren.
Passive Form: unsere Fähigkeit uns kritisieren zu lassen.
Bsp.: Berichte über Folterungen, bringen uns von Selbstkritik ab und sind somit sehr willkommen.
• Einsicht: Intelligente Vorgänge, von einer komplizierteren Begebenheit ausgehend, sind wir in einem plötzlichen Umdenken in der Lage aus der Ausgangssituation etwas ganz klar zu durchschauen. Durch intellektuelles Strukturieren der vorgegebenen Daten.

Im Affekt sind wir einseitig, festgefahren und unbeweglich. Wir sind in den seelischen Vollzügen nicht mehr differenziert.

Des Weiteren wird beeinflusst:
• Motorik: Zittern, welches wir in der Erregtheit nicht unterdrücken können. Starre. Angst lähmt und macht stark. Das hängt von der Einschätzung der Situation ab. Und diese Einschätzung kann falsch sein. Das ist auch eine Frage von Charakter und Vorerfahrung. Instinktreste könnten uns dazu bringen anzugreifen, aber die Interpretation der Situation wird darüber entscheiden welches Instinktprogramm jetzt gleich abläuft (Angriff, Flucht, Todstellen).
• Handeln: Schreien. Angst -> Verbale Äußerung wird primitiver. Inhalte werden unkontrollierter. Oft geben wir nur noch Töne von uns. Artikulierte Sprache weicht im Affekt zurück. Zur Wut gehört Gewalt, oft gelingt es durch ein steuerndes Element diese einzubremsen. Der Affekt an sich tendiert dazu sich motorisch auszuleben. Benutzung von Zeichen spielt hierbei allerdings noch eine Rolle.

Die Suche von Beispielen ist aufgrund unseres Selbstbildes schwierig, welches uns unsere Affekte erst gar nicht erinnern lässt oder uns zumindest hindert es anderen zu erzählen. Angst, Wut, Eifersucht, Hass, Wut, Neid sind besonders schwer einzugestehen.

Das eigene Ideal geht in die Richtung, dass wir möglichst vernunftgeleitete Wesen sind. Menschen, die das tun, wirken auf andere merkwürdig. Und wenn wir sehr vernunftgeleitet leben, macht sich ein ungutes Gefühl breit. Sehen wir uns unseren Affekten ausgeliefert, schämen wir uns, gelingt es uns, die affektiven Erregungen auszublenden und zu vermeiden ergibt sich ein Eindruck der Unzufriedenheit. Wir haben den Eindruck unvital geworden zu sein. Es gibt eine Sehnsucht nach Affekten, die auch häufig durch die Medien befriedigt wird. Katharsis lässt grüßen. Es wussten schon die Griechen, dass es ungesund ist, irgendeine seelische Seite auszublenden, selbst die primitiven Anteile wollen integriert sein.

Wie sähe unter diesen Gesichtspunkten ein gesunder Mensch aus? Ausgewogenheit. Angemessene Dauer des Affektes (vs. sich festfahren). Adäquates Ausleben des Affektes. Verbal damit umzugehen ist vorteilhaft. Lebt man den Affekt „frisch“ aus, kann er nicht so giftig werden. Positive Form des Affekts: Verliebtheit. Hat so mancher auch schon bereut.
Bezugspersonen fungieren auch hier als Vorbild. Konnten wir aus dem Miteinander mit den Bezugspersonen lernen, dass wir auf Verzweiflung Trost empfangen oder auf Wut Verständnis?! Gegenteil: Kind hat Schmerzen und wird verspottet oder weniger dramatisch: es fühlt sich damit allein gelassen.

Je früher, desto wichtiger die Erfahrung, dass Affekte durch Trost abgemildert werden. (Früher durch Haltung und Stimme, später durch Weisheiten)
„Einer der auszog das Fürchten zu lernen“ – Affektfrei Lebende suchen den Nervenkitzel. Gesellschaft in der Affekte vermieden werden -> Industrie stellt uns künstlich Affekte zur Verfügung (TV).
(Depressive Erstarrung: verlorengegangene Person in der Starre festhalten. In den Tränen kann Abschied passieren. Die Dosis, welche der Patient zum gegebenen Zeitpunkt aushält muss der Therapeut erspüren und dann auch nicht überschreiten lassen.)