Strafrecht - Allgemeiner Teil XXIII

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Klasse 13

Autor Wimmer96

Veröffentlicht am 07.11.2018

Schlagwörter

Strafrecht

Zusammenfassung

Das Strafrecht befasst sich mit der Frage ob ein Vergehen eine Rechtsverletzung darstellt und in welchem Ausmaß diese verfolgt wird. Diese Serie an Referaten bildet einen Überblick über das Strafrecht. Genauer gesagt über den Allgemeinen Teil 1.

Aufbau des Fahrlässigkeitsdelikts

Nach heute herrschender Meinung sind die Fahrlässigkeitsdelikte ein Aliud mit eigenständiger Struktur von Unrecht und Schuld. Die Fahrlässigkeit vereinigt also sowohl Unrecht- als auch Schuldelemente in sich. Die objektiven Elemente werden der Tatbestandsmäßigkeit zugewiesen, die subjektiven der Schuld, die wird Zweistufigkeit der Fahrlässigkeitsprüfung genannt.
Das Unrecht besteht darin, dass der Täter ein Rechtsgut durch eine objektiv sorgfaltswidrige Handlung beeinträch-tigt.
Mit der Schuld wird dem Täter vorgeworfen, dass er nicht eine ihm mögliche und zumutbare Sorgfalt beachtet hat, die an seiner Stelle ein maßgerechter Mensch beachtet hätte.
Die meisten Fahrlässigkeitsdelikte sind reine Verursachungsdelikte und enthalten keine abschließende Umschreibung der Tathandlung. Sie sind ergänzungswürdig, also der Richter muss die objektive Sorgfaltspflicht unter Berücksichti-gung von Rechtsvorschriften und Verkehrsnormen konkretisieren. §6 Abs. 3 enthält eine Legaldefinition der groben Fahrlässigkeit, die immer geläufiger wird. Bei der Fahrlässigkeit gibt es weder Versuch noch Rücktritt.
Der Tatbestand des Fahrlässigkeitsdelikts wir nach drei Abschnitten geprüft:

  1. Vornahme einer objektiv sorgfaltswidrigen Handlung
  2. Erfolg und Kausalität
  3. Objektive Zurechnung des Erfolgs

Auch hier gelten die Ausführungen des Handlungsbegriffs. Automatisierte Handlungen und auch Fehlreaktionen erfüllen in der Regel den strafrechtlichen Handlungsbegriff.
Das spezifische Unrecht und das zentrale Kennzeichen der fahrlässigen Tat bestehen darin, dass der Täter eine objektiv sorgfaltswidrige Handlung vornimmt. Die Äquivalenztheorie beurteilt, ob durch diese Handlung der tatbestandmäßige Erfolg verursacht wurde. Die geringste Mittursächlichkeit genügt. Die objektive Zurechnung des Erfolgs soll die Weite des Äquivalenztheorie durch das Erfordernis einer spezifisch normativen Verknüpfung zwischen Handlung und Erfolgs eingrenzen. Es ist also ein normatives Haftungsbegrenzungsprinzip, das sowohl für die vorsätzlichen als auch für die fahrlässigen Erfolgsdelikte gilt. Dahinter verbirgt sich ein Prüfungsverfahren, das in drei Schritte unterteil ist:

  1. Adäquanzzusammenhang
  2. Risikozusammenhang
  3. Risikoerhöhung gegenüber rechtmäßigem Alternativverhalten

Der Adäquanzzusammenhang ist ein unverzichtbares Element jeder Fahrlässigkeitsprüfung. Die anderen beiden Teile sind spezielle Zurechnungsprobleme, die in der Praxis nur bei entsprechender Fallgestaltung aufgeworfen werden.
Auch hier können Rechtfertigungsgründe in Betracht kommen, vor allem Notwehr, rechtfertigender Notstand, anhalterecht und die Einwilligung. Dies kommt aber nicht sehr oft vor. Bei vielen Fallkonstellationen geht es darum, dass die Tatbildmäßigkeit eines Fahrlässigkeitsdeliktes zu verneinen ist. Zum Beispiel entfällt schon der Tatbestand bei einem Arzt an der Kriegsfront. Er konnte einen letalen Ausgang einer Operation nicht verhindern, aber es bedarf keinen Rückgriff auf rechtfertigenden Notstand, weil solche Eingriffe infolge kriegsbedingt erlaubten Risikos nicht als objektiv sorgfaltswidrig zu werten sind. Ein klassisches Rechtfertigungsproblem stellt sich, wenn jemand auf den Arm eines Opfers zielt, aber aus Versehen einen tödlichen Schuss absetzt. Abwehrtypische Risiken eines zulässigen Abwehrmittels gehen zu Lasten des Angreifers.
Die Fahrlässigkeitsschuld ist in vier Teile unterteilt: Schuldfähigkeit, Subjektive Sorgfaltswidrigkeit und subjektive Voraussehbarkeit, Unrechtsbewusstsein und Unzumutbarkeit sorgfaltsgemäßen Handelns.
Die Schuldfähigkeit wurde schon erklärt. Zur subjektiven Sorgfaltswidrigkeit und subjektiven Voraussehbarkeit ist zu sagen, dass auf der Stufe der Schuld zu prüfen ist, ob der Täter nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnis-sen befähigt war, die objektive Sorgfalt zu beachten und den entsprechenden Erfolgs vorauszusehen. Entfällt auch nur eines der beiden handelt der Täter nicht schuldhaft. Alle Schuldelemente sind auf den Zeitpunkt der Handlungs-vornahme zu beziehen (außer Übernahmefahrlässigkeit  Zeitpunkt der Handlungsübernahme). Beim Unrechtsbe-wusstsein ist zu beachten, dass der Täter nur dann bestraft werden kann, wenn er mit Unrechtsbewusstsein gehandelt hat. Aktuelles Unrechtsbewusstsein ist im Einzelfall denkbar, das potenzielle genügt aber. Dabei können die Probleme des direkten und indirekten Verbotsirrtums auch bei der Fahrlässigkeit auftreten. Ein nicht vorwerfbarer Verbotsirrtum schließt die Schuld aus, ein vorwerfbarer hingegen lässt die Schuld bestehen, aber es kann zu einer Strafmilderung führen. Als letzter Punkt wird die Unzumutbarkeit sorgfaltsgemäßen Handelns bearbeitet. Diese wird in §6 angeführt und bildet ein selbstständiges Element. Es ist ein generalklauselartigen Entschuldigungsgrund, für die strengen Anforderungen des §10 nicht gelten. Das normative Schuldkorrektiv soll einen Täter straflos stellen, der die objektive Sorgfalt zwar hätte beachten könne, aber dem aus besonderen Gründen kein Vorwurf gemacht werden kann. Sorgfaltsmäßiges Verhalten ist unzumutbar, wenn auch von einem maßgerechten Menschen in der Lage des Täters die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt realistischerweise nicht erwartet werden kann. Die Sollensan-forderungen sind im Straßenverkehr verhältnismäßig hoch, denn kein Streit und Ablenkung entbindet von der zumutbaren unfallverhütenden Sorgfalt. Aber bei einer erzwungen Notbremsung kann nicht gleichzeitig Bremsen und dosiertes Umsteuern des Hindernisses verlangt werden. Unzumutbarkeit sorgfaltsmäßigen Verhaltens ist vor allem dann anzunehmen, wenn der Täter in Erfüllung einer sittlichen oder religiösen Pflicht oder zumindest aus menschlich verständlichen und billigenswerten Motiven gehandelt hat. Daher kann ein übermüdeter Arzt, der eine unaufschieb-bare Notoperation übernehmen muss und einen Fehler macht, nicht strafbar gemacht werden.

Zentrale Probleme des Fahrlässigkeitsdelikts

Die objektive Zurechnung des Erfolgs setzt bei Fahrlässigkeitsdelikten den Adäquanzzusammenhang und den Risikozusammenhang voraus. Ein Zurechnungsproblem ist das rechtmäßige Alternativverhalten.
Beim Adäquanzzusammenhang geht es um die Ausscheidung des atypischen Kausalverlaufes, denn ein gänzlich außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegender Erfolg ist objektiv nicht zurechenbar.
Der Risikozusammenhang ist Teil des normativen Haftungskorrektivs und erfüllt eine strafeinschränkende Funktion. Er ist zu ermitteln, indem zwischen dem eingetreten Erfolg und dem ihn verursachenden Verhalten eine spezifisch normative Verknüpfung hergestellt wird. Der Maßstab bildet der Schutzzweck der übertretenen Sorgfaltsnorm. Der sorgfaltswidrig herbeigeführte Erfolg ist dem Verursacher nur dann objektiv zuzurechnen, wenn sich in dem Erfolg gerade das Risiko verwirklicht hat, dessen Abwendung die übertretene Sorgfaltsnorm bezweckt. Es braucht hierfür aber noch eine Konkretisierung durch einzelne Fallgruppen, bei denen durch teleologische Auslegung festgelegt wird, wie weit der Schutzzweck der übertretenen Sorgfaltsnorm reicht.