Das Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht
- Ziel: Verfassungsgerichtbarkeit als Reaktion auf Rechtspositivismus im 3. Reich (Kontrolle der Politik durch institutionalisierte richterliche Autorität) → „Hüter der Verfassung“
- Kompetenzen: Annullierung von Parlamentsakten, Regierungsbeschlüssen
Aufbau
- Eigenständiges Organ, untersteht keinem Ministerium, hat eigene Verwaltung
- zwei Senate („Zwillingssenate“) mit eigenem Spruchkörper & Zuständigkeiten, aus je acht Richtern
- Senat = Grundrechtssenat (Vorsitz: BVerfG-Präsident): Grundrechte (Art.1-17) und justizielle (Art.101 und 103)
- Senat = Staatsrechtssenat (Vorsitz: BVerfG-Vizepräsident): Fälle staatspolitischer Bedeutung; vor allem
a. Organstreitigkeiten
b. Bund-Länder-Streitigkeiten
- Gericht kann nicht von sich aus tätig werden, muss angerufen werden
Unterschied zu Supreme Court
- Das BVerfG ist kein Revisionsgericht und kein Oberster Gerichtshof
- Der Supreme Court ist nicht nur Verfassungsgericht → mächtiger
- Der Richter wird vom Präsident vorgeschlagen, auf Lebenszeit
- Problem: republikanischer Präsident schickt republikanischen Richter ins Amt (gleiche Partei), keine Kontrollinstanz
- Mehr Transparenz als in Deutschland
Keine abstrakte Normenkontrolle
Letzte Revisionsinstanz = eigener Gerichtshof
- BVerfG behandelt nur Verfassungsfragen
- Treffen im Plenum bei Uneinigkeit kommt selten vor
- Gerichte bilden Kammern (Ausschüsse á 3 Leute), wichtig da Überlastung
- Kammern = Spruchkörper, empfehlen nicht nur, sondern entscheiden
- Meist einfache Fälle: z.B. Fall ist offensichtlich hoffnungslos
- Entscheidungsregel:
- Es kann Patt entstehen (4 zu 4)
- Im Zweifelsfall wird Klage abgewiesen, gilt als verfassungskonform
Wahlvorgang
- Hälfte vom Bundestag, Hälfte vom Bundesrat
- Kandidat muss Volljurist sein (2 Staatsexamen) und mind. 40 Jahre alt sein
- Begrenzte Amtszeit max. 12 Jahre
- Trend: jüngere Leute (um die 45)
- Können nicht wiedergewählt werden (können also wählen wie sie wollen, von Parteien lösen)
- Bundesrat und Bundestag wählen im Plenum (2/3 Mehrheit)
- Praxis: Absprachen, um Mehrheit zusammenzubekommen, zwischen CDU und SPD
- Informelles Vorschlagsrecht bei Ausscheidung von Richtern
- Konsequenz: nur CDU und SPD schlagen Richter vor, Intransparenz
- Mäßigung: Tendenz zur Mitte, keine extremen Kandidaten
- Verbesserungsvorschlag: Richter sollen von Richtern gewählt werden, anderes Vorschlagsrecht: aus Justiz
- Fazit: Kein schlechtes Verfahren, vielleicht in Teilen verbesserungswürdig
Organstreitigkeiten
(zwischen Bundesorganen, auch Organteile, wie Fraktionen oder einzelne Abgeordnete)
- Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 Grundgesetz
- Beispiel 1: Der Bundespräsident löst den Bundestag auf (Vertrauensfrage ist abgelehnt worden), einzelne Parlamentarier klagen gegen den Bundespräsidenten
- Beispiel 2: Gremien werden nach Proporz besetzt, aber E10-Kommission soll keine Linken enthalten → Gremium wird so klein wie möglich gemacht → Linken können klagen
Abstrakte vs. Konkrete Normenkontrolle
- abstraktes Normenkontrollverfahren: Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 und 2a Grundgesetz
- Vergleich mit höherrangigem: z.B. Gesetz mit Verfassung
- Abstrakt: es liegt kein Rechtsstreit vor, philosophisch (Ist Gesetz mit Grundrecht vereinbar?)
- Kann jede Landesregierung beantragen
- Kann Bundestag mit ¼ der Mitglieder selbst beantragen (Problem: Opposition aktuell unter ¼)
- Konkretes Normenkontrollverfahren: Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz
- Richter sind in jedem Fall angehalten, Vereinbarkeit der Rechtsnormen mit Verfassung zu prüfen
- Vorlageverfahren: bei Unvereinbarkeit in Karlsruhe vorgelegen
- Alles kompatibel mit Verfassung
- Meistens: Steuerregeln, die verfassungswidrig sind (z.B. Hartz 4 für Kinder), oft erfolgreich
Verfassungsbeschwerde
- kann JEDER erheben, der durch Staatsgewalt in Grundrecht verletzt worden ist
- Grundrecht muss angegeben werden, z.B. Recht auf Eigentum
- Popularklagen gehen nicht, man muss selbst betroffen sein
- Bürger kann sogar gegen Gesetz klagen, gegen Gerichtsurteile (am meisten), Verwaltungsakte (z.B. Bafög-Bescheid)
- Erfolgschance: 1-2%, oft unzulässige Klagen
- Aktuell: Parteiverbot (nur Organe)
- Gericht kann nicht als Gutachter tätig werden
Bedeutung des Gerichts
- Weltweit wohl stärkstes Gericht in Bezug auf Kompetenzen
- Normenkontrollkompetenz: wenn Gesetz verfassungswidrig ist, wird es für nichtig erklärt
- Problem: letzte Instanz, kann Bundestagsbeschlüsse außer Kraft setzen (die sind aber vom Volk gewählt, Gericht nicht)
- Wer kontrolliert die Kontrolleure? Wo liegen die Schranken des Gerichts? Die Urteile kann keiner außer Kraft setzen
- Öffentliche Meinung ist extrem wichtig, denn Gericht hat nur das Wort, kann nichts vollziehen
- Verfassung kann geändert werden, z.B. Kompetenzen beschneiden → es kann Druck auf Richter ausgeübt werden
→ Richter haben hohe Autorität aber nur wenn sie richtig entscheiden