Strafrecht - Allgemeiner Teil X

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Klasse 13

Autor Wimmer96

Veröffentlicht am 07.11.2018

Schlagwörter

Strafrecht

Zusammenfassung

Das Strafrecht beschäftigt sich mit der Frage, ob ein Vergehen eine Rechtsverletzung darstellt und in welchem Ausmaß diese verfolgt wird. Diese Serie an Referaten bildet einen Überblick über das Strafrecht. Genauer gesagt über den Allgemeinen Teil 1.

Auch wenn Notwehr vorliegt gibt es Fälle, bei denen die Notwehr ausgeschlossen wird, weil es sonst ein Rechts-missbrauch darstellt.
Die Handlung ist nicht gerechtfertigt, wenn es offensichtlich ist, dass
• dem Angegriffenen bloß ein geringer Nachteil droht und
• Die Verteidigung, insbesondere wegen der Schwere der zur Abwehr nötigen
Beeinträchtigung des Angreifers, unangemessen ist.

Der geringe Nachteil muss offensichtlich, also leicht und auf den ersten Blick erkennbar sein. Notwehr besteht aber auch, wenn nur mindere Körperverletzung droht oder der Vermögensnachteil unterhalb der Wertgrenze liegt. Denn die Vermögensbagatellen folgen einem individuellen Maßstab.
Laut Art 2 Abs. 1 MRK gibt es ein Verbot absichtlicher Tötung, etwa zur Verteidigung von bloßen Sachwerten. Dies begrenzt aber nur die hoheitliche Eingriffsbefugnis und nicht das Notwehrrecht des einzelnen Staatsbürgers gegenüber Vermögenstätern.
Wenn ein Dritter für den Angegriffenen Notwehr ausübt spricht man von Nothilfe. Es ist eine Sonderform der Notwehr. Voraussetzungen des Angriffs sind nach der Person zu richten, der geholfen wird und der Nothelfer muss ein subjektives Rechtfertigungselement besitzen. Wenn er gegen den Willen des Angegriffenen handelt ist die Nothilfe unzulässig.
Wenn sich die notwehrerheblichen Umstände nicht sicher feststellen lassen, darf man nicht zu Lasten des Verteidi-gers urteilen.

Rechtfertigender Notstand

Der rechtfertigende Notstand ist ein ungeschriebener Rechtfertigungsgrund und beruht auf dem Güter- und Interessenabwägungsprinzip.
Ebenso wie die Notwehr setzt der Notstand Notstandssituation, Notstandshandlung und subjektives Rechtferti-gungselement voraus.
Eine Notstandssituation wird nur durch einen unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil für ein Individualrechts-gut des Notstandstäters oder eines Dritten begründet.
Ein bedeutender Nachteil ist, wenn eine relative Gefahr für ein Rechtsgut besteht. Dies ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen und auf den Zeitpunkt abzustellen.
Im Gegensatz zur Notwehr kann ein Notstand auch durch Tierattacken, Naturkatastrophen und sonstigen Unglücks-fällen oder Zufällen heraufbeschworen werden. Er ist nicht auf die notwehrfähigen Rechtsgüter beschränkt, sondern prinzipiell auf alle Individualrechtsgüter anwendbar, außer die Ehre. Ein Rechtsgut des Staates oder der Allgemeinheit mit wirtschaftlichen, kulturellen oder politischen Zielen ist für Privatpersonen nie notwehr- oder notstandsfähig.
Bagatellgefahren lösen kein Notstandsrecht aus, auch wenn sie höherwertige Rechtsgüter betreffen, weil es an der Bedeutsamkeit des Nachteils fehlt.
Der unmittelbar drohende Nachteil reicht weiter als bei der Notwehr, auch allgegenwärtige Dauergefahren, die jederzeit in einen Schaden umschlagen können, rechtfertigen eine sofortige Abwehrhandlung.
Der rechtfertigende Notstand ermöglicht auch Eingriffe in die Rechtsgüter von gänzlich Unbeteiligten. Wenn die Grenzen allerdings überschritten werden spricht man von einem Handlungsexzess.
Die Rettungshandlung muss außerdem die einzige Möglichkeit zur Abwendung des Nachteils sein. Das heißt, dass ein Rechtsgut nur durch die Opferung eines anderen Rechtsguts erhalten werden kann. Dies ist aber restriktiv anzuwenden, damit man nicht unnötig in fremde Rechtsgüter eingreift. Das eingesetzte Mittel muss sowohl der Art als auch der Anwendung geeignet sein, muss die Rettungschancen also mehr als nur minimal erhöhen. Wenn mehrere Mittel zur Verfügung stehen, muss man das relativ schonendste wählen.
Das gerettete Rechtsgut oder Interesse muss höherwertiger sein als das geopferte und zwar laut herrschender Meinung eindeutig und zweifellos. Das bringt Probleme mit sich.
Ein erster Punkt ist, dass persönliche Werte höher einzuschätzen sind als materielle. Bei kollidierenden Vermögens-werten ist auch deren Ausmaß ein wichtiger Abwägungsfaktor.
Entscheidend ist letztendlich der Schutzwürdigkeitsaspekt. Welches Rechtsgut verdient in der konkreten Lebenssitua-tion den größeren Schutz?
Bei der Gesamtabwägung müssen alle rechtlichen und tatsächlichen Umstände des Falles miteinbezogen werden. Dazu gehören Nähe, Art, Grad und Umfang der drohenden Gefahr, Wahrscheinlichkeit, Größe und Unersetzlichkeit des bevorstehenden Schadens, offenkundige Fernwirkungen der mit dem Eingriff verbundenen Folgen, die Risiken der Rettungshandlung sowie die Größe der Rettungschancen.
Wenn der Notstandstäter den Notstand verursacht schließt das den Notstand noch nicht aus, spielt aber bei der Interessensabwägung eine Rolle. Das gilt auch, wenn der Verursacher schlussendlich die Gefahr vom Opfer abwehrt.
Auch wenn das gerettete Rechtsgut dem geopferten eindeutig überwiegt kann es nicht gerechtfertigt sein, wenn dabei die obersten Leitprinzipien nicht berücksichtigt und unangemessene Mittel angewendet werden. Dieses Angemessenheitskorrektiv dient zum Ausschluss des Notstandes in gewissen Situationen und muss nur bei Verdacht auf Verstoß geprüft werden.
Das subjektive Rechtfertigungsmittel ist wie bei der Notwehr zumindest das bloß Wissen.
Durch diese Ranking an Wertigkeit bilden sich Sonderprobleme.
Wenn das ranghöchste Rechtsgut, das Leben, auf ein anderes Leben trifft, wird ein Notstand nie gerechtfertigt, denn man kann kein Leben gegen ein anderes austauschen.
Bei der Notwehr können nur Rechtsgüter des Angreifers beeinträchtigt werden, beim Notstand hingegen dürfen auch Rechtsgüter von unbeteiligten Personen verwendet werden.
Wirtschaftlicher Notstand wird vor allem gerne bei strafbaren Geldschöpfungspraktiken herbeigezogen. Dies wird aber prinzipiell abgelehnt, weil jedermann die Risiken seiner wirtschaftlichen Dispositionen selbst tragen muss und sie nicht auf Dritte abwälzen kann.
Rechtfertigende Notstandshilfe bedeutet, dass man auch drohende Nachteile für Individualrechtsgüter Dritter abwenden darf.
Wenn gewisse Personen (Feuerwehr, Soldaten, Polizei) die Pflicht zur Gefahrentragung bekommen, dürfen sie sich nicht auch rechtfertigenden Notstand berufen. Sie müssen manchmal auch für Sachwerte Gefahren für Leib und Leben auf sich nehmen, denn die besondere Pflichtenstellung lässt die Interessen des Sacheigentümers schutzwürdi-ger erscheinen.
Wenn Personen die amtliche Aufgabe haben, Rechtsgüter des Staates und der Allgemeinheit zu schützen, dürfen sie nur mit speziellen Ermächtigungen amtlich einschreiten.
Notwehr und Notstand scheinen fast gleich zu sein, aber sie folgen verschiedenen Denkmodellen.
Bei der Notwehr geht es um den Schutz des angegriffenen Gutes und um die Bewährung der Rechtsordnung. Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen.
Beim Notstand hingegen geht es um zwei Rechtsgüter, die miteinander kollidieren und dass eines nur auf Kosten des anderen gerettet werden kann. Welches Rechtsgut bzw. Interesse überwiegt?

Notwehr
Notwehrsituation:
-Angriff auf ein notwehrfähiges
Individualrechtsgut
-gegenwärtig oder unmittelbar drohend
rechtswidrig
Notwehrhandlung:
notwendige Verteidigung
Subjektives Rechtfertigungselement

rechtfertigender Notstand
Notstandsituation:
-Bedeutender Nachteil für irgendein
Individualrechtsgut
-unmittelbar drohend
-diese Einschränkung entfällt
Notstandshandlung:
-einziges Mittel
-Höherwertigkeit des geretteten Rechtsgut
-kein unangemessenes Mittel
Subjektives Rechtfertigungselement