Steuerlehre II
Regressiver Tarif: Steigende BMG und sinkender Durchschnittsteuersatz, der Grenzsteuersatz ist niedriger als der Durchschnittsteuersatz Steuerregression wird durch die Eigenschaft der Verbrauchsteuer bewirkt, niedrige Einkommensschichten relativ stärker zu belasten als höhere. Wirtschaftssubjekte mit geringerem EK haben
i.d.R. eine höhere Konsumquote als Bezieher größerer EK. (Kopfsteuer auch ohne EK verpflichtet zu zahlen, Vermögen das keine Erträge abwirft)
Proportionaler Tarif: konstanter durchschnittlicher Steuersatz für jede Höhe der BMG, der Grenzsteuersatz entspricht dem Durchschnittssteuersatz
Lokale Progressionsmessung (2)
Maßstab: Steueraufkommenselastizität
Steigt das Steueraufkommen (Steuerschuld) bei steigender BMG prozentual stärker an als das Residualeinkommen (Nettoeinkommen, EK nach Steuern), ist der Tarif an dieser Stelle progressiv
Allgemein: Um wie viel % verändert sich das Steueraufkommen, wenn die BMG um ein % steigt / sinkt
- Progressive Tarife sind aufkommenselastisch, regressive aufkommensunelastisch
Lokale Progressionsmessung (3)
- Maßstab: Residualeinkommenselastizität (Um wie viel Prozent steigt das Nettoeinkommen, wenn das Bruttoeinkommen um 1% ansteigt?), drückt sich ebenfalls über Grenz- und Durchschnittssteuersätze aus
- Residualeinkommen = Nettoeinkommen Steigt das Residualeinkommen bei steigender BMG prozentual weniger stark als sie Steuerschuld, ist der Tarif an dieser Stelle progressiv (=residualunelastisch)
Globale Progressionsmessung: Progression und Verteilung
Lorenzkurve und Gini-Koeffizient (1)
Lorenz-Kurve:
zeigt die Gleichverteilung z.B. des Einkommens
je bauchiger die Lorenzkurve desto ungerechter
beschreibt, welchen Anteil des Nettoeinkommens der untersten x Prozent der Einkommensbezieher erhalten z.B. L(0,3) =0,1 d.h. dass die untersten 30% der Verteilung 10% der Nettoeinkommen erhalten
Idee: Je näher die Lorenzkurve an der 45 Grad Linie, desto gleichmäßiger die Einkommensverteilung
progressiver Tarif führt zu größerer Einkommensgleichheit, d.h. Bauch wird flacher
Gini-Koeffizienten:
Interessant zur Analyse: Der Abstand zwischen der Lorenzkurve und der 45Grad Linie, d.h. um wie viel weicht die beobachtete Einkommensverteilung von der Gleichverteilung ab
hierzu: berechnet man den Prozentsatz des Anteils der Fläche zwischen der 45 Grad Linie und der Lorenzkurve an der Gesamtfläche Ergebnis dieser Berechnung wird als Gini-Koeffizient dargestellt
Gini-Koeffizient: Wert zwischen 0 und 1
0, d.h. jede Person bezieht exakt das Durchschnittseinkommen (perfekte Gleichverteilung, die Lorenzkurve entspricht in diesem Fall der 45 Grad Linie, die Fläche zwischen den Linien ist somit 0
1, d.h. eine einzige Person bezieht das komplette Einkommen, das EK der Anderen ist null (maximale Ungleichgewicht, die Fläche zwischen der 45 Grad Linie und der Lorenzkurve beträgt 1)
je näher der Wert an 0, desto gleicher die Verteilung
Der deutsche Einkommenssteuertarif
Grenzsteuersatzverlauf (gibt an, wie sich die Steuerzahlung verändert, wenn sich die Bemessungsgrundlage um 1€ ändert) der Einkommenssteuer
alle zu versteuernden EK ab dem EK beim Spitzensteuersatz (53 666€) werden mit dem Höchstsatz besteuert
Bezieher von besonders hohem EK (über 254 477€) müssen eine Reichensteuer bezahlen
Nullzone: 0 - 8652€ (Grundfreibetrag): 0%
8653€ - 13669€: 14% - 23,97%
13670€ - 53665€: 23,97% - 42%
53666€ - 254446€: 42%
von 254447€ an: 45%
der Grundfreibetrag bewirkt, dass der ESt-Tarif ein gewisses Maß an (indirekter) Progression enthält faktisch setzt die Steuer erst bei einem über dem Grundfreibetrag liegenden EK ein
nach dem Überschreiten des Grundfreibetrags starker Anstieg im Durchschnittsteuersatz
im Bereich des GFB ist der Durchschnitts- und Grenzsteuersatz gleich Null
für darüber liegende EK gilt stets, dass der Grenzsteuersatz über dem Durchschnittssatz liegt (starker Anstieg der Progression)
die tatsächliche Belastung: auf die Einkommenssteuerschuld ist noch der Solidaritätszuschlag von 5,5% zu zahlen, wodurch sich die jeweiligen effektiven Grenzsteuersätze erhöhen (Spitzensteursatz auf 47,48 %)
Begründung der Progression:
die Leistungsfähigkeit nimmt mit steigendem EK überproportional zu (Bewertung her vom Ansatz im Einklang mit der Theorie gleichen Opfers)
5.2.1. Besteuerungsprinzipien
Was macht ein gutes Steuersystem aus? - Normative (wie etwas sein sollte - die Forderung nach einer effizienten und gerechten Steuererhebung) Ansprüche an ein Steuersystem
Effizienz: Minimierung von Verzerrungen bei gegebenem Aufkommen (Kopfsteuer wirkt als einzige Steuer nicht verzerrend)
Gerechtigkeit: horizontale vs. vertikale Ausrichtung anhand bestehender Gerechtigkeitsnormen (es erscheint gerecht die Individuen danach zu besteuern, was sie der Gesellschaft nehmen)
Einfachheit: es sollte einfach und billig sein, die Steuern einzutreiben
Transparenz: Bestimmtheit und Interpretierbarkeit des Steuerrechts
Bürger sollen wissen, wie viel die zahlen und wer die Last der Steuern trägt (z.B. EsT ist eine gute Steuer)
Flexibilität: Nachhaltigkeit und Anpassungsfähigkeit des Systems an Veränderungen der wirtschaftlichen Lage, insbesondere die Geschwindigkeit mit der Veränderungen des Steuerrechts in die Praxis umgesetzt werden können
Effizienz - Verzerrungen durch Steuern
Pauschalsteuern: Steuern, die nichtverzerrend sind, d.h. ein Steuerpflichtiger kann nichts unternehmen was seine Steuerschuld beeinflusst Pauschalsteuer = Steuer, die unabhängig vom EK und Vermögen gezahlt wird (Kopfsteuer)
spezielle Verbrauchersteuern sind verzerrend, da…jeder seine Steuerbelastung dadurch verringern kann, dass er die NE nach dem besteuerten Gut verringert
jeder EStG ist verzerrend Steuerpflichtige kann keine Steuerschuld verringern, in dem er weniger arbeitet oder weniger spart
Verzerrende Steuern sind nicht pareto-optimal bzw. ineffizient, da der Staat das Steueraufkommen erhöhen könnte, ohne die Wohlfahrt der Steuerpflichtigen zu verringern, in dem er Pauschalsteuern erhebt oder:
der Staat könnte dasselbe Steueraufkommen erzielen und zugleich den Steuerpflichtigen zu höheren Wohlfahrt verhelfen
Drei Konzeptionen effizienter Besteuerung:
1.) Lindahl-Steuern (eig. Abgaben bzw. Gebühren)
2.) Unverzerrende Steuern (=minimal verzerrende Steuern) 3.) Lenkungssteuern (Pigou-Steuer)
Äquivalenzprinzip (benefit principle)
Steuern als Leistungen für staatliche Gegenleistung
im Sinne des Gerechtigkeitsanspruchs (s.o.)
Idee: Bürger sollen in dem Maße für die Finanzierung des Staates herangezogen werden, wie sie staatliche Dienste beanspruchen Steuer als eine Art “Gebühr” für die Bereitstellung staatlicher Dienste
z.B. Müllgebühr, Amtsgebühr, Maut für die Benutzung bestimmter Straßen, Mineralölsteuer für die Finanzierung des Straßenbaus, in der Sozialversicherung (z.B. Rentenversicherung)
Problem: nahezu unmöglich die Größe des Nutzens zu ermitteln, die die verschiedenen Bürger erhalten (z.B. Landesverteidigung)
Lösungsansatz: “Schleier der Ungewissheit”: Ohne Kenntnis der eigenen Position in der Gesellschaft, erscheinen umverteilende Steuern auch vor dem Hintergrund des Äquivalenzprinzips sinnvoll