Die Rücksackdeutschen

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Klasse 12

Autor Peter155

Veröffentlicht am 24.10.2018

Schlagwörter

Flucht Vertreibung Umsiedlung

Zusammenfassung

Das Referat behandelt das schwierige Thema der deutschen Vertriebenen nach dem zweiten Weltkrieg. Es nimmt den Leser mit in eine Zeit, die so voller Entbehrung und Hoffnung, tragischer Momente und wundersamer Wendungen war, eine Zeit, die die noch junge Bundes -republik nachhaltig geprägt hat und so entscheidend für Europa war wie kaum eine andere.

Nachkriegszeit Deutschland 1945 bis 1950
Situation Nachkriegszeit
Nachdem die Wehrmacht am 8. bzw. 9. Mai kapituliert hatte, war das Deutsche Reich unter Alliierter Kontrolle und wurde in vier Zonen unterteilt. Die West-Alliierte Zone hieß im Volksmund „Trizonesien“ und wurde sogar unter diesem Namen in Schlagern besungen. Die allgemeine Stimmung im Volk war katastrophal, nicht nur, dass man den Krieg (den größten aller Zeiten) verloren hatte, sondern dass man jetzt die Besatzungsmächte ertragen musste.
Dabei war die Meinung ganz klar, dass die Deutschen und auch die deutsche Vertriebenen es in der SBZ (sowjetisch besetzten Zone) viel schwerer hatten als die in der West-Alliierten Zone. Denn die Wehrmacht hatte in der Sowjetunion schreckliche Gräueltaten begangen und der Krieg im Osten war viel grausamer als er das im Westen war, zudem kam noch hinzu, dass Russland nicht mehr das heilige Reich der Zaren war, sondern das kommunistische von Lenin und Stalin und Hitler- Deutschland zum „ Bollwerk gegen den Bolschewismus“ ( Kommunismus leninscher Prägung) erklärt hatte. Im Laufe dieser Arbeit werden wir aber auch sehen, dass es nicht immer so war, dass die Deutschen in der SBZ es schwerer hatten. Man könnte auch sagen, es war die Götterdämmerung nach der aber wie in der nordischen Mythologie die Auferstehung folgen würde.
70 % der deutschen Industrie war zerstört, 7 Millionen Deutsche waren gefallen. Die Reichsmark, vor dem Krieg einer der stärksten Währungen der Welt, war kaum noch was Wert, weil den riesigen Summen an Bargeld nur sehr wenige Inlandsgüter gegenüberstanden. Die Regierung des Deutschen Reiches, die sich nach der Kapitulation um Zusammenarbeit mit den Alliierten bemüht hatte, war zwei Wochen nach der Kapitulation verhaftet worden und saß in der Haft der Alliierten, das Reich wurde vom Alliierten Kontrollrat in Berlin verwaltet . Das Reich, das Tausend Jahre überdauern sollte wurde jetzt nicht mehr von einem Kaiser oder einem Despoten, sondern von Kommissaren regiert, die natürlich keine Deutschen waren und die die Deutschen als Feinde erlebt hatten. Das Deutsche Reich bestand aber völkerrechtlich bis 1948 weiter und wurde von den alliierten Militärs vertreten.

Die deutschen Reichsgebiete östlich der Oder-Neiße Linie standen nicht nur unter sowjetischer Kontrolle, sondern wurden vom Reich abgetrennt und unter Polen und der Sowjetunion aufgeteilt, als Entschädigung für die etwa 25 Millionen sowjetischer Kriegstoten (Kossert, Kalte Heimat, 2008, S. 27) und 6 Millionen polnischer. Der Frust und das Entsetzen in der deutschen Bevölkerung über diesen Verlust von knapp einem Viertel des Reichsgebietes war groß. Das deutsche Volk war unter Hitler maßlos in seinen Forderungen, jetzt schien es maßlos in seinem Verzicht zu sein. Diese politischen Umstände mussten hingenommen werden. Denn in der Welt gab es keine Macht, die die Deutschen nicht als die einzig Schuldigen an diesem größten Krieg aller Zeiten sah, der über 66 Millionen Menschenleben gefordert hatte, fast ein siebtel der europäischen Bevölkerung.

Die Besatzer( sowjetische, polnische aber auch tschechische Regierung) wollten mit der eingesessenen Bevölkerung nicht mehr weiterleben und vertrieben diese, teilweise auf archaische Art und Weise. Dabei muss man bedenken, dass das Bild der Deutschen durch den Faschismus in ein sehr dunkles Licht getaucht wurde. Der Nationalsozialismus zeigte sich vor allem im Ausland und vor allem im östlichen Europa von seiner barbarischen Seite.
Überhaupt verunglimpfte die obskure und überaus krude Ideologie der Nazis das Deutschtum und das vor allem im östlichen Europa.
Die Deutschen, die von den Königen und Zaren als Siedler in die östlichen Länder gerufen worden waren und die fast ein Jahrtausend dort als Kolonialisten lebten und gediehen, zeigten sich jetzt von ihrer schwärzesten Seite. Sicherlich kann man auch dieses Vorgehen der Siegermächte als Unrecht bezeichnen, ohne dabei in den Verruf des Revanchismus zu geraten, doch muss man auch bedenken, dass unter der Slawischen Bevölkerung Mittel- und Osteuropas diese Gebiete als urslawische galten und die Deutschen schon immer als Besatzer wahrgenommen wurden. (Kossert, Kalte Heimat, 2008, S. 26-30)
Jetzt schien der Augenblick gekommen, sich das eigene Land zurück zu holen und die übrige deutsche Bevölkerung zu slawisieren. Dies geschah wiederum nur mit einigen Deutschen, die für slawisierbar erachtet wurden. Dieses war ein sehr schmerzlicher Prozess, der auch mit Gewalt und unter Namensänderung der deutschen Bevölkerung passierte. (Kossert, Kalte Heimat, 2008, S. 27-32)

„autochthone“, das heißt slawisierbare deutsche Volksgruppen wurden in Polen und der Tschechoslowakei zu Polen oder Tschechen umerzogen. Dies wurde von allen Alliierten toleriert.

Hitler hatte versprochen Ost-Europa zu germanisieren, jetzt geschah aber genau das Gegenteil. Das Gefühl der Menschen, die damals vertrieben worden waren, kann man wohl kaum nachfühlen. Dies geschah auch teils nur noch mit einem Rucksack auf den Schultern (deswegen Rücksackdeutsche) und teils auch nur zu Fuß.
Die Vertriebenen, die im Volksmund teilweise nur als Flüchtlinge bezeichnet und teilweise auch als solche angesehen wurden, waren psychisch wie physisch völlig am Ende. Nicht nur dass sie sich dem Befehl Adolf Hitlers widersetzt hatten, der jede Flucht untersagt hatte, sondern dass auch die Wut und der Zorn der eigenen Landsleute, der eigenen Brüder im Westen auf diese groß war, die keine Anstalten machten, mit ihren Volksgenossen zu teilen und diese zum Teil auch umbrachten.


Situation in der SBZ (Sowjetisch Besetzte Zone)
Die Vertrieben oder auch Umsiedler, wie sie in der SBZ aus Pietätsgründen der Sowjetunion gegenüber genannt wurden, kamen zu ihren Volksgenossen im Westen, die sie teils in Scheunen teils in verfallenen Häusern unterbrachten.
Die Essensverteilung erfolgte unter Kontrolle der alliierten Streitkräfte, da die einheimische Bevölkerung mit den Vertriebenen nicht teilen wollte. Wichtig ist dabei zu bemerken, dass die einheimischen Deutschen selbst nicht viel hatten (Kossert, Kalte Heimat, 2008, S. 47-53), doch von der von den Nationalsozialisten viel beschworenen Volkgemeinschaft merkte man nicht viel. Dabei ist auch zu bemerken, dass die Umverteilung von Gütern in der SBZ in den ersten Nachkriegsjahren besser vonstattenging als im Westen. (Kossert, Kalte Heimat, 2008, S. 10-13)
1947 zahlte die sowjetische Militäradministration jedem Umsiedler 500 Reichsmark, eine beträchtliche Summe, doch wenn man bedenkt, dass die Reichsmark zu diesem Zeitpunkt kaum etwas Wert war, nur ein Tropfen auf den heißen Stein. 1948 kam es dann mit der Bodenreform in der SBZ zu einem neuen Meilenstein in der Geschichte der Vertriebenen. Mit der Bodenreform zwang die sowjetische Militäradministration die ansässigen Bauern, Land an die Vertriebenen abzutreten. Das führte zu einer gigantischen Welle der Hoffnung und der Solidarität mit den russischen Besatzern.
Viele der Vertriebenen feierten und tanzten überall auf den Straßen oder umarmten sich spontan.
Denn dieser Umstand gab den Vertriebenen ein Stück verlorene Heimat zurück. Die Vertriebenen die nichts mehr hatten als ihr Leben waren über Nacht zum Teil sogar Großgrundbesitzer geworden.

Diese vier Jahre, die diese Umverteilungspolitik dauerte, gehörten wohl zu den
hellsten in der Vertriebenengeschichte.

Doch kam es 1952 dazu, dass dieser Boden zwangskollektiviert wurde, das heißt zum Gemeingut erklärt wurde und somit niemandem mehr gehörte. Das Land, das noch vor kurzem in Privatbesitz der Vertriebenen war, gehörte nun dem Volk der Deutschen Demokratischen Republik und wurde vom Staat verwaltet und nicht mehr von den Vertriebenen. Dies führte zu einer Phase der Enttäuschung und Verbitterung unter den Umsiedlern die sich zum Teil auch radikalisierten und sich in Gedanken in die verlorene Heimat zurück sehnten. Dabei ist wichtig zu sagen, dass nur das Erwähnen des Heimatortes in seiner deutschen Form, also Königsberg oder Danzig, schon genügten um als Revanchist von der DDR- Macht angeklagt zu werden.


Situation in den West-Zonen
Im Westen ging es den Vertriebenen nicht besser. Die Vereine, die von ihnen gegründet wurden, standen unter ständigem Verdacht des Revanchismus und wurden auch teilweise von den Briten bzw. den Amerikanern verboten. Die neue Heimat behandelte die Vertriebenen nicht gut, diese wurden von der einheimischen Bevölkerung diskriminiert und misshandelt. Politisch war die SPD die Heimat der Vertriebenen( in Bayern die CSU) die aber sehr rechte Ansichten vertraten, das aber nur bis zu den Ost-Verträgen Willy Brandts, danach orientierten sich die Vertriebenen weiter nach rechts.
Die BdV organisierte Treffen und koordinierte die Landsmannschaften. Es gab sogar Bestrebungen in der neuen Heimat Exil-Parlamente aufzubauen, dies wurde jedoch von der noch sehr jungen BRD verboten.
Fast alle einte jedoch der unbändige Wille sich mit intellektuellen Leistungen ein Stück Wertschätzung zurückzuholen, keiner der nicht ein abgeschlossenes Abitur oder Studium vorweisen konnte. Vertriebene wurden zur tragenden Säule des neuen deutschen Intellektualismus. Interessant sind auch die Zahlen der Vertriebenen. Rund 27 % der DDR-Bevölkerung bestand aus Vertriebenen, knapp 20 % waren das im Westen. (Kossert, Kalte Heimat, 2008, S. 59-60) Ganz klar also, dass sich die Politik um diese Gruppe von Wählern bemühen musste. Diese fühlten sich jedoch mehr und mehr von der deutschen Politik verraten, in Ost wie West. Denn nichts wünschten sich die Vertriebenen mehr als in ihre Heimat zurückkehren zu dürfen. Dies erschien aber unter der politischen Lage als sehr unwahrscheinlich. Nicht nur unter dem Aspekt, dass es der BRD nicht gelang als eine souveräne Großmacht aufzutreten denn als ein von den USA abhängiger Staat. Sondern auch weil die militärische Stärke des Warschauer Paktes zu groß war.
Dieser Aspekt verleitete die Vertriebenen auch dazu der NPD oder der DVU anzuhängen. Extrem rechte Ansichten waren bei den Vertriebenen sehr beliebt. Für viele lebte das Reich in ihnen weiter. Wichtig ist dabei auch zu sagen, dass zu dem Zeitpunkt, also in den 50er und 60er Jahren Revanchismus ein fester Teil der Politik fast jeder Partei in der BRD war. Die CDU genauso wie die SPD machten den Vertriebenen Versprechen, in die verlorene Heimat bald wieder zurückzukehren. Dies geschah ganz natürlich und kostete den Politikern nichts. Die Neubürger, wie sie im Fachjargon genannt wurden, entwickelten aber immer mehr eine Eigendynamik die nicht mehr aufzuhalten war.

Obwohl alle Vertriebenen Parteien Ende der 50er Jahre verboten worden waren, war der Drang der Vertriebenen in der neuen Heimat etwas zu erreichen groß.
So wurden ihnen Mittel vom Staat genehmigt, mit denen Häuser und Wohnungen errichtet werden konnten. Auch gab es vereinzelte Schenkungen von Land an Vertriebene in der noch jungen BRD. Nicht vergessen werden dürfen in diesem Zusammenhang auch die vielen Toten, die an Heimweh verstorben waren. Alles schien verloren, denn den Deutschen die trotz allem in den ehemaligen östlichen Reichsgebieten geblieben waren, drohte Ausschluss von medizinischer Versorgung genauso wie von der Schulpflicht für die Kinder. Bei einem möglichen Überfall oder Totschlag würde auch eine polizeiliche Aufklärung versagt bleiben. Die die trotzdem geblieben waren wurden slawisiert. Von der Belletristik wurde dieses Thema kaum aufgegriffen, da es von den Politikern in Ost wie West gemieden wurde wie kaum ein Anderes.Nicht jedoch von der Trivialliteratur.

Erst spät entstanden die Werke von den weltberühmten sowjetischen Schriftstellern Lew Kopelew und Alexander Solschenizyn über die Vertreibung von 14 Millionen Deutschen. Kopelews Aufbewahren für alle Zeit (1976) und Solschenizyns Ostpreußische Nächte (1976) haben die BRD Gesellschaft sehr bewegt und wurden in dieser lange diskutiert. Die Vertreibung entwickelte sich aber immer mehr von einem allgemeindeutschen Problem zu einem, das nur die Vertriebenen anging.
Immer mehr wurde die Meinung geteilt, die Osteuropäischen Reichsgebiete hätten nie zu Deutschland gehört. Deutschland war auch ein anderes Land, die Deutschen im Westen ein Volk von Tätern, im Osten ein Volk von Antifaschisten.
Im Osten wurden die Straßennamen, die auf die ehemaligen deutschen Orte im deutschen Osten hinwiesen durch die Namen von verdienten Kommunisten ersetzt.
Im Westen traf man nicht selten auf Straßennamen die den Namen einer ehemaligen Reichsstadt im Osten trugen.
Das zeugte von einer Politik, die den ehemaligen Osten nie aufgegeben hatte, dennoch war in der DDR genauso wie in der BRD das sprechen über die ehemaligen Reichsgebiete im östlichen Europa nur mit den Vertriebenen möglich.
Die Vertriebenentreffen hatten den Ruf rechte Veranstaltungen zu sein, auf denen revanchistische Pläne geschmiedet wurden und die von einer Welt träumten, die für immer verloren schien. Zu beachten ist , dass kein Vertriebener je den Verlust der Heimat überwunden hat, noch Jahrzehnte später berichteten die Kinder derer, die ihre Heimat unfreiwillig verlassen mussten, von großen Schmerzen die ihre Eltern litten.
Doch darf man auch nicht vergessen, dass der deutsche Osten trotzdem noch weiterlebt, zum Beispiel in den kulinarischen Spezialitäten wie den Königsberger Klopsen oder den schlesischen Wurstspezialitäten.
Der deutsche Osten ist noch lebendig, in den Schriften Kopernikus und Günter Grass.

Die Rückkehr in die alte Heimat blieb trotz allem vorstellbar. In der Welt der Gedanken lebte und gedieh sie.

Heute leben knapp 47000 Deutsche, die in den 90er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts in das jetzige Gebiet Kaliningrad eingewandert sind im ehemaligen Ost-Preußen.
Im ehemaligen Ost-Preußen wird wieder deutsch gesprochen. Dieser Umstand ist ein versöhnlicher und gibt Hoffnung auf eine Zukunft. die im Geiste der großen Denker Ost-Preußens wäre. Genauso stand zur Debatte, die staatliche Universität von Kaliningrad in Immanuel Kant Universität umzutaufen.
Diese Schritte erscheinen als ein neuer Anfang nach den beiden großen Kriegen der Vergangenheit. Doch muss man dazu sagen, dass von der historischen Altstadt Königsbergs praktisch nichts mehr übrig geblieben ist.
Der Besuch dieser Stadt vom deutschen Außenminister Joschka Fischer im Jahre 2004 scheint mehr ein Symbolischer denn ein Politischer. Denn die Wunden des zweiten Weltkrieges verheilen nur sehr langsam. Niemand außer Gott kann die rund 36 Millionen Kriegstoten des zweiten Weltkriegs in Ost-Europa zurückholen.
Die Entschädigung für diesen unermesslichen Verlust war das Land der Vertriebenen.
Eine Entschädigung die wiederum Opfer mit sich brachte und Wunden aufriss.
Jedoch muss man auch bedenken, dass die BRD und die RF heute strategische Partner sind die einen regen Kulturaustausch führen, dies ist auch ein Zeichen für eine werdende Beziehung zwischen einst so verhassten Gegnern.
Die Geschichte der Vertriebenen lehrt uns, dass das Zusammenleben von Menschen etwas Unbeständiges ist und dass uns schlussendlich nichts auf dieser Welt gehört, nicht unsere Heimat und auch nicht unser Leben.