Die Seldschuken
Die Seldschuken
- freie türk. Reiternomaden, die Mitte des 11. Jh in Persien einfielen (Zeit der Seldschukeninvasion bzw. Migrationswelle)
- Begründen mehrhundertjährige Phase türk. Herrschaft in der islamischen Welt
- Ursprünge: Angehörige der ghuzz oder Oghuz aus Zentralasien, eines türk. Stammes der im 11. Jh am Unterlauf des Sir Darya siedelte; der Stammvater der Gruppe, mit der wir es zu tun haben, hieß Saljuq (Seldschuk)
- wurden durch die Missionsarbeit reisender Sufis islamisiert, sunnitisch
- 1030er: Siedelten im Gebiet der Qarakhaniden, dienten ihnen erst und breiteten sich aus
- Kaum Widerstand gegen Seldschuken (Steuern der Qarakhaniden)
- 1037 Eroberung von Nishapur durch die Seldschuken
- 1040 Schlacht von Dandanqan (Ghaznawiden werden geschlagen)
- 1055 Einnahme Bagdads durch Toghril Beg (erster Seldschukenherrscher zusammen mit Bruder Chagri Beg): Sultanat geht von Buyiden auf Seldschuken über, vom damaligen Abbasidenkalifen anerkannt → Sultantitel und Oberemirat
- Toghril hinterließ keinen Erben → Neffe Alp Arslan (r. 1063 - 1073) konsolidierte das Reich, schuf stehendes Heer und bemühte sich um Organisation des Reichs
- Nachfolger: Malik Shah (r.1073 - 1092): Höhepunkt der seldschuk. Machtentfaltung
- Administration/Verwaltung: Nizam al-Mulk (persischer Wesir an der Spitze der Administration): Buch “siyasat nama” für Richtlinien für gute Verwaltung & Ratschläge für Herrscher, begründete Netzwerk von verschiedenen madrasas „Nizamiyas“
- besonders schwer zu erobern: Region am Kasp. Meer (feuchtes, warmes Klima, undurchdringbare Wälder)
Folgen der seldschukischen Eroberung
• Stetiger Migrationsprozess (=Charakter der Seldschukeninvasion)
• Steigender Anteil türkisch sprechender Reiternomaden auf dem iranischen Hochland
• Turk-o Tajik müssen miteinander kooperieren, Tajik: persisch sprechende sesshafte Leute ↔ Türken
→ beide sind Säulen der Gesamtgesellschaft
• Stärkung des sunnitischen Islams
• Kulturell gesehen halten sich die Seldschuken an die persische Kultur
Gründe für den Erfolg der Seldschuken
• Die reiternomadische Lebensweise, Jagd und Kriege sorgten für ständiges Training aller Stammesmitglieder
• Schnelligkeit und Wendigkeit der im Verbund agierenden berittenen Bogenschützen
→ Militärisch und taktisch weit überlegen
• Keine schweren Rüstungen
• Keine Trennung zwischen Zivilisten und Militär
Das seldschukische Herrschaftssystem
• “Reisekönigstum”: System der wandernden/beweglichen Hauptstädte (da wo der Herrscher anwesend ist, kann er Macht ausüben)
• Zweiteilung des Herrschafts- und Verwaltungsapparates in Hof/Militär (dargah) und nicht-militärische Verwaltung (diwan)
• zuerst tribal organisiert, Stammesoberhäupter bestimmen besten Kandidaten, nach dem Tod eines Herrschers: Nachfolgerstreit, oder: milit. Durchsetzung
• Oberhaupt des Stammes: Khan
• Aufteilung der Herrschaftsgebiets in Teilfürstentümer (Familienmitglieder) > Apanage, keine klaren Grenzen
• Verhältnis von Sultanat und Kalifat anhand der al-Ghazali-These: Sultanat als Teil des Imamats, Vergleich mit Europa: Säkularisierung. Kalif verleiht Sulatnstitel,Aufteilung der Macht in weltl. & geistl., Realität: Kalif nur wenig Macht, keine richtige Einwirkung
• Eigentliches Zentrum: Isfahan (aber auch Kontrolle von Bagdad)
• Türk. Reiternomaden stellten ständigen Unruhefaktor dar (z.B. Plünderungen, konnten leicht Städte einnehmen)
• Versuchten stehendes Heer Mamluken zu schaffen (= nicht-isl. Nomaden) → regulär besoldet
Was ist ein iqtaʿ?
- Vom arab. Verb qataʿ = abtrennen, abschneiden, absondern
- Delegation von Steuereinzugsrechten auf Ländereien oder Territorien an bestimmte Personen (vorzugswese türk. Amire) (anstelle von Sold für geleistete Militärdienste)
- Vergabe von iqtaʿs im Gegenzug für Militärdienst wurde unter Seldschuken immer üblicher
→ Sultane bemühten sich darum, Zahl der iqta-Abgaben zu verringern (zu viel Geld ausgegeben und kann in schwächeren Regierungszeiten zu dessen Missbrauch & Auflösen des Reichs führen → führte tatsächlich zur Schwächung der Herrschaft - (hatten Buyiden und Ghaznawiden auch schon)
- Nicht erblich, kein Besitz des Landes, gehört weiterhin Herrscher! (wurde aber später als Erbe anerkannt)
- Typen:
- Subventionen vom Sultan an eine Einzelperson in Form eines Privatgrundstücks, einer Rente, Bewilligung
- Subvention einer Seldschukenfamilie aufgrund korrekter Loyalitätsleistungen
- Subvention eines Amirs, wenn ein Land, dessen Steuern als Einkommensversicherung / wegen militärischer Spezialleistung gegeben wurde (=militärisches iqta)
- Subvention zur Berufung als Provizgouverneur (=administratives iqta)
- europäischer Vergleich: Lehenswesen/Feudalwesen = Lehensherr bietet Schutz und sein Vasall trägt ihm gegenüber eigene Verpflichtungen (militär. Dienste, landwirtschaftl. Abgaben), Unterschied zu iqta-Wesen: keine persönliche Bindung an den Lehensherren
- Keine feststehenden Grenzen → überlappende territoriale Ansprüche
Weitere Entwicklungen
- 1071: Schlacht von Mantzikert : der byzantinische Kaiser Romanus Diogenes unterlag den Truppen Alp Arslans -> Startschuss für die Turkisierung Anatoliens
- Tod Alp Arslans 1072 und Thronbesteigung Malik Shahs (Verwalter, der Fäden im Hintergrund führte weiterhin Nizam)
→ Glanzzeit der Seldschukenherrschaft: Eroberung Anatoliens, Teile Syriens - Nach dem Tod Malik Shahs 1092: Thonstreitigkeiten und Fragmentierung; 1099 Gesamtsituation begünstigt de Einnahme Jerusalems durch die Kreuzfahrer („Schwäche in der Herrschaft“)
- 1118-1155: Herrschaft von Sultan Sanjar in Khurasan, Hauptstadt in Marw
- Im Gefolge des Zerfalls des Reiches der Großseldschuken -> Entstehung von Teilfürstentümern, manche von ihnen unter Führung der Atabege = Prinzenerzieher -> Abhängigkeit und Selbstständigkeit (-> Verlust von Ressourcen, Stämme rebellieren)
- 1153: Marw wurde eingenommen, Sanjar floh und wurde umgebracht
Rumseldschuken
- Rum = Rom, Teil des Byzantinischen Reichs
- 1088 – 1108: formieren sich in Anatolien, Entstehung kleiner Fürstentümer
- Hauptstadt: Konya (Festigung der herrschaft)
- Auseinandersetzungen mit Byzantinern und Kreuzfahrern
- Rumsultane
- Regierten bis 1243
- Wirtschaftlich stark