Buchrezension zu "Feindbild Christentum im Islam: Eine Bestandsaufnahme" von Spuler-Stegemann

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Klasse 11

Autor lisaurus

Veröffentlicht am 14.06.2018

Schlagwörter

Buchrezension Feindbild Christentum Islam Bestandsaufnahme Spuler-Stegemann Ursula Rezension

Zusammenfassung

Dieses Referat ist eine Buchrezension zum von Ursula Spuler-Stegemann herausgegebenen Werk "Feindbild Christentum im Islam: Eine Bestandsaufnahme". Nachdem kurz über die Herausgeberin gesprochen wird, wird der Inhalt kritisch wiedergegeben. Abschließend findet sich eine Rezension des Buchs.

Buchrezension

Spuler-Stegemann, Ursula (Hg.): Feindbild Christentum im Islam: Eine Bestandsaufnahme. Freiburg/Breisgau: Herder 2009. 224 Seiten. ISBN 978-3-451-06008-3. 9,95€

Die Herausgeberin
Prof. Dr. Ursula Spuler-Stegemann, lehrende Professorin für Islamwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg, veröffentliche bereits zahlreiche Fachpublikationen, die sich mit dem Thema christlich-islamischer Beziehungen auseinandersetzen, darunter beispielsweise das Buch “Muslime in Deutschland: Informationen und Klärungen”, welches 2002 erschien. Ihr Buch “Feindbild Christentum im Islam: Eine Bestandsaufnahme” wurde 2004 erstmals veröffentlicht, im Folgenden soll jedoch die überarbeitete Neuauflage von 2009 rezensiert werden.

Der Inhalt

Die Kapitel des Buchs bestehen aus verschiedenen Beiträgen von Fachleuten, somit gibt es für fast jedes Kapitel einen unterschiedlichen Autor. Das Ziel des Buchs wird vorab klar definiert: “Unser Wunsch ist (…), dass Realitätssinn in die wechselseitigen Beziehungen [zwischen Christentum und Islam] einkehren möge als Vorbereitung für einen Dialog, der (…) dringender denn je erforderlich ist.” (S.8) Dies soll gelingen, indem geklärt wird, wie Muslime zum Christentum stehen, sowohl durch einen Blick in die Vergangenheit als auch durch Erläuterung der gegenwärtigen Situation in verschiedenen Ländern aus unterschiedlichen Perspektiven. Dabei werden bewusst auch einander widersprechende Standpunkte wiedergegeben. Eine konkrete Zielgruppe wird dabei nicht angesprochen.

Nach einer kurzen Einführung der Herausgeberin beginnt das Buch mit einer Erzählung über die Anfänge Muhammads und es wird verdeutlicht, wie Gemeinsamkeiten zu Christen- und Judentum zustandekamen. Es werden hierbei sehr viele Themen kurz angerissen. Die schnellen Themenwechsel machen es dem Leser oft schwer, zu erkennen, warum das Erwähnte relevant ist. Das darauffolgende Kapitel handelt vom Verhältnis der Muslime zu den Christen in der Frühzeit des Islam. Darin wird zunächst auf die Stellungnahmen des Korans bezüglich des Christentums eingegangen. Es wird deutlich, dass das Verhältnis nach Muhammads ersten Begegnungen mit Christen zunächst gut war, sich später jedoch umkehrte, da Mohammads Erwartungen auf Anerkennung als Korrektor der christlichen Schriften nicht erfüllt wurden. So finden sich im Koran Vorwürfe der Verfälschung und falschen Auslegung jüdischer und christlicher Schriften, die Konzepte der Gottessohnschaft Jesu und der Trinität werden abgelehnt. Nach dem Tod Muhammads wurden die Christen unter muslimischer Herrschaft schließlich als dhimmis (Schutzbefohlene) behandelt. Sie durften ihren Glauben zwar weiterhin frei ausleben, wurden jedoch als Bürger zweiter Klasse angesehen und mussten eine Kopfsteuer entrichten.

Muslime und Christen haben also schon seit Anbeginn des Islams im Orient koexistiert. Dass dieses Zusammenleben funktionieren kann, wird im folgenden Kapitel am Beispiel der Rum-Orthodoxen veranschaulicht. Da sie die arabische Sprache und Kultur mit den Muslimen teilen, herrscht zwischen ihnen ein nachbarschaftliches Verhältnis. So soll es auch in Deutschland möglich sein, einen Dialog zu führen, denn zu diesem, und darin sind sich alle Autoren einig, gibt es keine Alternative. Ein großes Thema spielt allerdings auch die Situation der Christen in islamischen Ländern. Zuerst erfährt der Leser Allgemeines über Christenverfolgungen und den Aspekten religiöser Unterdrückung. So wird beispielsweise klar, welchen Beeinträchtigungen die Christen unter Verfolgung ausgeliefert sind. Im ersten Beispiel geht es um die Situation der koptischen Kirche in Ägypten. Hier wird erzählt, wie es ihnen im Verlauf der Geschichte Ägyptens vom 19. bis ins 21. Jahrhundert ergangen ist. Immer wieder wurden sie Opfer von Anschlägen und Diskriminierungen, v.a. aufgrund der zunehmenden Islamisierung des Landes.

Weiter geht es dann mit dem Beispiel Saudi-Arabiens. Anders als in Ägypten wird dort nur der wahhabitische Islam akzeptiert, Christen werden zwar meist toleriert, haben aber kein Recht darauf, ihre Religion zu praktizieren. Mit der Scharia als Rechtsquelle gibt es dort keine Religionsfreiheit, es existiert sogar eine Religionspolizei, die für die Einhaltung der religiösen Vorschriften sorgt. Unter intensiver Beobachtung stehen die Christen auch unter der islamistischen Diktatur Irans. Die armenischen, chaldäischen und assyrischen Christen gelten dort als kafar (Ungläubige), als Schriftbesitzer aber immerhin als dhimmis, entgegensatz zu den dort lebenden Bahai, die vollkommen rechtlos sind. In der Türkei sieht die Situation der Christen dagegen anders aus. Das Buch enthält hier einen Bericht eines deutschen Pfarrers über seine Erfahrungen aus Istanbul. Offiziell herrscht in der Türkei zwar Religionsfreiheit, trotzdem stehen Kirchen dort vor allem vor einem Verwaltungsproblem. So dürfen seit 1923 beispielsweise keine neuen Kirchen mehr gebaut werden und es gibt keinerlei Möglichkeit, Pfarrer oder Lehrer auszubilden.

Danach erfährt der Leser etwas über die Situation in Deutschland. Der Dialog wird als blauäugig beschrieben, da die Toleranz teils zu weit geht und es so dazu kommt, dass der Dialog als Mittel zur islamischen Mission missbraucht wird und dies zum Teil von Extremisten. Am Anfang des darauffolgenden Kapitels “Das Christentum aus der Perspektive der internationalen islamistischen Bewegung” steht ein Zitat eines französischen Muftis. Anstatt jedoch auf dieses Zitat einzugehen, steigt der Autor mit Bezugnahme auf die Ereignisse des 11. Septembers 2001 ein. Leider wurde dies vorher schon zweimal als Einstieg für ein neues Kapitel gewählt (S.7, S.55, S.155), um zu zeigen, woher das heutige Feindbild Islam rührt, an dieser Stelle hätten sich die Autoren besser aufeinander abstimmen können. Danach folgt weitere Kritik am Diskurs in Deutschland. Es heißt, dass konfliktträchtige Themen vermieden werden und nicht genügend kontrolliert wird, welche Anschauungen muslimische Redner überhaupt besitzen. So passiert es, dass beispielsweise saudische Organisationen es schaffen, ihren Einfluss in Europa immer weiter auszubauen.

Weiterhin wird auf die Haltung der Strömungen der Islamischen Liga gegenüber dem Christentum eingegangen. Außerdem stellt er einige muslimische Autoren und deren antichristliche Werke vor. Dabei geht er auch auf die Verbindung zwischen christophoben und antisemitischen Haltungen ein. Als nächstes folgt der Bericht eines Konvertiten, der aus einem arabischen Land stammt und als Kind nach Deutschland kam. Dort lernte er aber einen Baptisten kennen, der ihm das “wahre” Christentum zeigte und ihn zur Konversion veranlasste. Er berichtet, dass Apostasie oft mit Druck zur Rückkehr zum Islam oder gar einem Mord endet. Auch er hat viele negative Erfahrungen gemacht, deshalb prangert er die fehlende Betreuung durch die Kirche für Konvertiten an, außerdem deren Verfolgung und die Einbeziehung des Islams in christliche Veranstaltungen.

Das letzte Kapitel dreht sich schließlich um das Thema Religionsfreiheit. Es wird aufgezeigt, dass Christen und Muslime davon ein völlig anderes Verständnis haben und was der Abfall vom Islam für Muslime bedeutet. Des Weiteren wird von Mission zwischen Christentum und Islam berichtet. Hier fällt auf, dass vieles vom Gesagten schon in früheren Kapiteln erwähnt wurde, so etwa die Erläuterung des islamischen Eherechts (S. 97, S.209). Zum Schluss wird versucht eine Antwort darauf zu geben, was im Dialog schiefläuft und welche Gründe es dafür gibt, laut der Autorin ein Mangel an Toleranz oder an Selbstachtung.

Rezension

Obwohl es bereits einige Publikationen zu diesem Thema gibt, setzt sich die hier besprochene von diesen ab, weil das Thema von mehreren Blickwinkeln aus beleuchtet wird und sich nicht beispielsweise nur auf die Situation in Deutschland beschränkt. Hierfür werden viele Quellen genutzt, dabei wird aber nicht nur auf bereits bestehende Literatur zurückgegriffen, sondern auch auf Berichte und selbstgeführte Gespräche mit Betroffenen. Oft wird aus Koran oder Sunna zitiert. Im Anhang des Buches findet sich auch noch eine Liste an weiterführender Literatur, sowie Informationen zu den Autoren und eine Erklärung zu der Aussprache arabischer und türkischer Buchstaben.

Der rote Faden ist im Aufbau des Buchs zwar klar erkennbar, allerdings kommt es durch die Tatsache, dass die Kapitel von verschiedenen Verfassern stammen manchmal zu einigen thematischen Wiederholungen, die als störend empfunden werden können. Insgesamt sind die Kapitel aber gut verständlich und aus objektiver Sichtweise verfasst und verlangen keinerlei Vorwissen über das Thema. Es wurde stets gut und nachvollziehbar recherchiert. Abschließend kann gesagt werden, dass das Buch “Feindbild Christentum im Islam” seinen Zweck erfüllt: Der Leser bekommt einen umfassenden Einblick über die Beziehung zwischen Islam und Christentum und ist somit für den Dialog gewappnet.